Imre Jakabffy (szerk.): Ars Decorativa 1. (Budapest, 1973)
KISS, Ákos: Die Entwicklung der kunstgewerblichen Bewegungen und das Entstehen der Kunstgewerbemuseen
schien in der Goldschmiedekunst die Kunstgiesserei. 32 Das Museum rekrutierte mit seinen Mitteilungen und Vorlesungen sein Publikum und war den Gewerbekünstlern bei ihrer Bildung hilflich. Eine ganze Anzahl der hervorragenden Wiener Repräsentanten der gewerblichen Kunst erkannte die Bedeutung dieser Bewegung (der Seidenfabrikant K. Giani, der Glasfabrikant L. Lobmeyr, E. von Haas, usw.). Neben dem Museum wurde in 1867 auch die Schule für die gewerblichen Künste unter der Leitung von Direktor J. Storck eröffnet. Als Ergebnis der Bewegung wurden in Österreich zahlreiche Fachschulen gegründet und noch mehr Kurse für den Unterricht im Zeichnen organisiert. Im Wiener Museum für Kunst und Industrie wurde zuerst die Form der Interieurausstellung, anlässlich der in 1871 im neuen Gebäude stattgefundenen Ausstellungen angewandt. Hauptziel dieses Gewerbemuseums, wie auch ähnlicher Institutionen, wurde und blieb die Unterrichtstätigkeit, woraus die in Kunstgewerbe Tätigen stilare und technologische Kenntnisse erwerben konnten. Gleichzeitig erwartete man auch das Enthüllen der eigentümlichen, lokalen, nationalen Motive verklungener Zeiten, zwecks Förderung des einheimischen Kunstgewerbes. Die Gründung von Gewerbemuseen mit rein kulturhistorischer Zielsetzung und mehr oder weniger fachzentrischen Vorstellungen war viel seltener. Die neue Wiener Institution als Zentrale des Geschmacks der Zeiten, bekannte sich bis zum Jahrhundertende für die Neorenaissance, als dann A. Scala das Publikum energisch in die neue Richtung trieb: seine Museumpolitik akzeptierte damals neben der Sezession auch noch den englischen Geschmack und die orientalischen Elemente. Als die organische historische Entwicklung im 19. Jahrhundert ins Stocken geriet, spielte sich der Kampf um den Stil der Gegenwart in erster Linie im Gebiet der Kunstgewerben ab. Die reiche Erbschaft an Kunstformen, die als Ergebnis eifriger Forschungen zum Vorschein kam, war aber eher ein Hindernis bei der Erfüllung der Bestrebungen, denn der Reichtum an Formen bedeutet an sich noch keinesfalls auch eine Harmonie. Dies war die Lage der mit dem vielstimmigen Geschmack des Historismus vereinten Bewegung der gewerblichen Künste in Europa, als die Erfordernisse der Zeiten auch in Ungarn in Gährung kamen. Die massgebenden Persönlichkeiten der ungarischen Reformära (1825—1848) Hessen in ihrer Bestrebung, das Leben der Nation umzugestalten, die die Gesellschaft umformenden Auswirkungen der künstlerischen Entwicklung auch nicht ausser Acht. Graf István Széchenyi beobachtete anlässlich seiner Reisen auch die Lage der künstlerischen Gewerben überall im Ausland. Er nahm den Maler Ender als Experten mit, und studierte überall, was er davon als für seine Heimat nutzbringend mitnehmen könnte. Im Jahrzehnt des ungarischen Schutzvereins (Védegylet) nahm sich Lajos Kossuth auch in Detailfragen der gewerblichen Künste an; die Erzeugnisse der Manufakturen von Herend. Munkács, Batiz, usw. überzeugten ihn davon, dass auch in seiner Heimat künstlerische Gewerben existieren können. 33 Imre Henszlmann erweckte schon in 1845 das öffentliche Interesse zur Erneuerung mittelalterlicher Zierformen, bei gleichzeitiger Betonung des nationalen Prinzips. 3 ' 1 Bei uns wurde das Historisierende in der Romantik durch die Belletristik mittels Themenauswahl der Werke, wie auch durch die noch vor 1848 sich entfaltende historische Malerei wesentlich gefördert. Die gleichen Faktoren, die früher die Literatur zum Erwachen brachten, liessen in Ungarn auch die Künste aufblühen. 35 Ein früher Fürsprecher der Entwicklung kunstgewerblicher Kultur der Gesellschaft war Ferenc Pulszky, der nächste Zeuge jener Bewegung in London sein konnte, die auch zur 18