Hirtenfeld's Oesterreichischer Militär-Kalender 1856 (Wien, 1856)

86 abfegen sollten, ein silbernes Kruzifix und sprach: „Diest hier sollte das Zepter der ganzen Welt sein, und in diesem Zeichen sollt ihr euer nt Könige Treue schwören." Mit der Feierlichkeit der Krönung verband Rudolf jene der Vermählung dreier seiner Töchter, und zwar der Mechtildis mit Ludwig von Pfalzbaiern, der Hedwig mit Otto von Brandenburg und der Agnes mit Albrecht von Sachsen. Die Demüthigung Ottokars war die erste Bedin­gung der Kaiserwahl Rudolfs gewesen, weßhalb man denselben, obwohl der mächtigste Reichssürst, nicht ein­mal zur Wahl eingeladen hatte. Durch seine Härte und Grausamkeit, durch die Mißhandlung der Edlen wie der Gemeinen, hatte er sich den allgemeinen Haß zugezogen; Kaiser Rudolf verständigte sich mit Heinrich von Baiern und König Stefan von Ungarn, und zog in der gerech­testen Sache mit großer Macht gegen Ottokar. Dieser, seiner Schuld bewußt und eine so große Heeresmacht gegen sich sehend, gab nach und bat um Frieden. Er trat Oesterreich, Steher, Kärnten und Krain wieder an das Reich ab, und nur Böhmen und Mähren wurde ihm als Reichslehen gelassen. Um sich vom Kaiser damit belehnen zu lassen, erschien er 1276 im glänzendsten königlichen Schmuke auf einer Donauinsel — der Bri­gittenau — und Rudolf, im einfachen Reiterkleide, ertheilte ihm die Belehnung in einem Zelte, von welchem die Seitenwände in dem Augenblike Herabstelen, als der König eben vor dem Kaiser niederkniete und die Beleh­nung empfing, um dem versammelten Volke die Demü­thigung des Königs von Böhmen zu zeigen Jezt suchte Rudolf sich in Oesterreich festzusezen, indem er durch sein liebreiches Betragen und unparteiische Gerechtigkeit, Adel, Städte und Gastlichkeit je einzeln für sich gewann. Ottokar, der den Schimpf bei der Belehnung nicht ver­gessen konnte, noch mehr aufgeregt durch seine ehrlie­bende Gemahlin Kunigunde, brach bald den Frieden und zog mit all seiner Macht in den entscheidenden Kampf

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