Hirtenfeld's Oesterreichischer Militär-Kalender 1856 (Wien, 1856)

1'iO Hause überlegen, mit ihren Ständen berathen, und auf dem nächstkünftigen Reichstage Bericht erstatten. Die Mühe, die Martmilian sich gab, die Erwäh­lung seines Enkels, König Karls von Spanien, dessen Vater Philipp, einziger Sohn des Kaisers Mar, schon 1806 gestorben war, zum römischen Könige dnrchzusezen, war durch die Bemühungen Ludwigs XII., der selbst da­hin zielte, ohne Erfolg. Karl von Spanien sezte jedoch auch nach dem Reichstage die Unterhandlungen über die­sen Gegenstand mit den ihm geneigten Kurfürsten fort, um sich ihre Stimmen für den Fall, wenn der Kaiser mit Tode abginge, im Vorhinein zu sichern. In diesen Zeitpunkt fällt der Streit des Augustiner Mönchs Martin Luther mit dem Dominikaner Tezel über den Mißbrauch bei dem Ablaßhandel. Es hatte wohl Niemand geahnt, daß dieser persönliche Streit auf ge­waltsamem Wege eine Reformation zu Stande bringen würde, die einigermaßen einst Karl IV. schon gewollt, und daß diese theologische und moralische Umwandlung so viel Blut und Thränen kosten, und so außerordentliche durch Jahrhunderte fortwirkende betrübte Folgen für die ganze christliche Welt nach sich ziehen würde. Luther, der Urheber dieses Streites, war vor den päbstlichen Stuhl gefordert worden, die Verwendung feines Landes­herrn, des Kurfürsten Friedrich von Sachsen, brachte es jedoch dahin, daß Luther zu seiner Vertheidigung nur vor dem Kardinal Kajetanus erscheinen durfte. Martin Luther traf erst nach dem Schluffe des Reichstags am 8. Oktober unter freiem Geleit zu Augsburg ein. Da aber zwischen ihm und dem Kardinal keine Annäherung zu Stande kam, Luther aber seine Freiheit in Gefahr wähnte, so entfernte er sich heimlich, und ließ eine schrift­liche Appellazion an den Pabst zurük. Der Kaiser war bereits am 6. Oktober, zwei Tage vor Luthers Ankunft, von Augsburg abgereift; er nahm den Weg durch Tirol nach Oesterreich. Maximilian litt damals schon seit mehreren Wochen an einem Fieber,

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