Alba Regia. Annales Musei Stephani Regis. – Alba Regia. Az István Király Múzeum Évkönyve. 17. 1976 – Szent István Király Múzeum közleményei: C sorozat (1978)
Forschungsfragen der Steinskulptur der Arpadenzeit in Ungarn - Marosi Ernő: Stilrichtungen zwischen 1220–1230 in der Bauskulptur. p. 155–161.
der Ausstellung nicht mit Bruchstücken vertreten waren( 2 ). Der Hauptgrund dafür, daß wir eben das dritte Jahrzehnt des 13. Jahrhunderts schematisch, durch einen querschnittartigen Überblick der wichtigsten Stiltendenzen, vorstellen möchten, ist, daß, sowohl was die frühgotischen Richtungen betrifft, als auch von der Spätromanik her gesehen, dieses Jahrzehnt als entscheidend für die Kunstgeschichte des 13. Jahrhunders Ungarns gilt. Die Kunstgeschichte dieser Zeit kann ebenso bedeutende Veränderungen verzeichnen, wie auch die Gesellschaftsgeschichte diesen Jahrzehnts von bedeutender Wichtigkeit ist. Die in Betracht gezogene Zeitspanne bedeutet auch allgemeingeschichtlich eine mit ziemlicher Genauigkeit abgrenzbare Periode. Die obere Grenze könnte die erste „Goldene Bulle" von 1222 Königs Andreas II. bedeuten, während die untere mit der zweiten „Goldenen Bulle" von 1231 oder mit der der Vereinbarung im Jahre 1233 im Walde Bereg angegeben werden könnte. Durch diese Daten lassen sich vor allem die Erschütterung und der totale Zusammenbruch der von Andreas II. angefangenen „neuen" Politik und der Zusammenstoß der von ihm vertretenen königlichen Bestrebungen mit der Realität der gesellschaftlichen Entwicklung Ungarns in diesem Jahrzehnt andeuten( 3 ). Ein ähnliches Bild können wir auch bei der Übersicht der künstlerischen Erscheinungen gewinnen. Mit Recht ist anzunehmen, daß die einzelnen Stiltendenzen auf den Geschmack und die Ansprüche bestimmter Gesellschaftsschichten bezogen werden können, und so kann ihr Repräsentationsgehalt mit den ikonographischen Erscheinungen des Bauschmucks in Parallele gestellt werden( 4 ). 1. Aller Wahrscheinlichkeit nach kann noch im dritten Jahrzehnt des 13. Jhs. mit dem Fortleben des frühgotischen, aus den Grenzlandschaften der (2) Das — größtenteils vorhandene — Material von Kunstdenkmälern aus der ersten Hälfte des 13. Jhs. ist in der Ausstellung durch mehr oder weniger zufällig erhaltene, meistens während der Restaurationsarbeiten herausgelösten Skulpturenfragmente vertreten. Ganz weggelassen wurde aus dem Gesamtbild die Präsentierung solcher bedeutender Denkmäler,^ wie die des 13. Jhs. von Lebeny, Pannonhalma III, Ocsa, Veszprém, deren Einbeziehung die Vielfalt der gleichzeitigen Tendenzen auf eine erhöhte Weise hätte unterstreichen können. (3) Besonders aufschlußreich über Charakter und Tempo der gesellschaftlichen Umwälzung, Änderung und Krise der königlichen Politik ist das Schicksal des von König Andreas II. als „nove institutiones" bezeichneten politischen Versuches, bzw. die darauf erfolgte Reaktion. Wichtigste Literatur: Bolla 1957; Horváth 1966, 1 ff, 261 ff, besonders 16; Rákos 1974. (4) Es ist äußerst zweifelhaft, ob eine soziologisch gerichtete Geschichte der ungarischen Kunst des 13. Jhs. jemals geschrieben werden kann. Neben den Lücken im Denkmälermaterial sind die Unklarkeit über die Umstände der Entstehung, über Gründungs- und Eigentumsverhältnisse, aber auch die Unsicherheit der kunstgeschichtlichen Chronologie einiger hervorragender Kunstwerke — undzwar in sehr wesentlichen Punkten — Hindernisse einer solchen Bearbeitung. Bestimmte Erscheinungen der Kunstgeschichte Ungarns des 13. Jhs. — so vor allern die zuweilen als Zentralgebiete Frankreichs, aus Nordwestfrankreich, aus der Champagne, aus Burgund stammenden Stils gerechnet werden, der im letzten Jahrzehnt des 12. Jhs. an den Bauten Königs Béla III. in Esztergom auftauchte und sich dort mit den Elementen einer älteren romanischen Tradition vermischte( 5 ). Dieser Stil galt in den ersten Regierungsjahren Andreas' IL für die Gesamtheit der Kunst dieser Zeit charakteristisch angesehenen Sippenklöster — können in erster Linie als gesellschaftsgeschichtlich-soziologische Erscheinungen angesehen werden. Sie stehen in engem Zusammenhang mit dem Anfang des Jahrhunderts entstandenen Sippenbewußtsein (Vergl. Győrffy 1958, 21), als — und mit Recht — der gemeinsame Besitz eines Sippenklosters als ein Kriterium des Familienbewußtseins angesehen wurde (ibid., 25; vergl. auch Székely 1969, 223). Die Rolle der Sippenklöster Anfang des 13. Jhs, im Bewußtsein der Geschlechter ist nicht mit der bereits früher ausgebildeten Institution zu verwechseln, die ihre Existenzgrundlage bedeutete, nämlich mit dem privaten Patronatsrecht (MÁLYUSZ 1971, 22, 361; Mezey 1968, 225). Das so aufgefaßte Sippenkloster konnte Anfang des 13. Jhs. zu einer solchen repräsentativ funktionierenden Einheit werden, die zwar nicht als Typ bezeichnet werden kann, aber in der die Bestrebungen der bedeutendsten Geschlechter ihren ziemlich getreuen Ausdruck finden konnten. Diese Vermutung wird auch durch den Umstand umterstützt, daß große Leistungen, wie die von Lébény, Sopronhorpács und Ják in Patronatskirchen kleinerer Geschlechter ihren Widerhall fanden. Der bisher vollständigste Überblick über die dekorativen Lösungen der Werkstatt von Ják anwendenden und darüber hinaus auch Werkstattzusammenhänge verratenden Bestrebungen : HOEFELMAYR — STRAUBE 1964, 23. Als Ergänzung seien etwa Magyarszecsőd, Somlószöllős (Portale) erwähnt. In der Mehrheit dieser Beispiele können nur Portale oder andere Werkformen, die meistens an Backsteinbauten angebracht wurden, den Steinmetzen der Werkstatt von Ják zugeschrieben werden ; die Steinmetze waren also keineswegs in einer hüttenähnlichen Organisation tätig. Diese Schlußfolgerung erinnert an R. K. D о n i n ' s Gedanken über eine „Niederösterreichische Portalschule" (1916; 1951, 24). Mit dem Einfluß der repräsentativen Charakters der Architektur der ungarischen Sippen auf Bauten der Ministerialen der benachbarten niderösterreichischen Gebiete rechnet auch die neuere österreichische Forschung; diese Erscheinung hängt mit dem im Wirkungskreis von Ják beobachteten Beziehungen zusammen (SCHWARZ 1977, 45). (5) Zur frühgotischen Architektur und zur Datierung ihres Auftretens in Esztergom : DERCSÉNYI - ZOLNAY 1956, 68; Entz 1966a, 209; Marosi 1971, 215. - Zur gleichen Zeit macht uns sowohl in Esztergom an den figürlichen und dekorativen Skulpturen der frühgotischen Palastkapelle, als auch im Wirkungskreis von Esztergom (vor allem in Bény und Karcsa) das gleichzeitge Auftreten der Züge der früheren, in der ersten Bauperiode der Zeit des Königs Béla III. am Wohnturm und an seinem zweistöckigen Anbau arbeitenden Werkstatt und das Erscheinen frühgotischer Einzelheiten darauf aufmerksam, daß in Esztergom kein plötzlicher Werkstattwechsel statfand, sondern die Meister der älteren Werkstatt eine Zeitlang mit Steinmetzen einer jüngeren Stilphase zusammenarbeiteten. Auf ähnliche Gründe ist das Vorkommen eines Kapitellfragments und einer figürlich verzierten Basis von Óbuda zurückzuführen, die ihren Formgepflogenheiten nach auf Esztergom zurückgehen (TÓTH — MAROST 1978, 208, 139, 141). 156