Török Dalma (szerk.): Mantel der Traume. Ungarische Schriftsteller erleben Wien, 1873-1936 (Budapest, 2011)

Studien - Julianna WernItzer: Wege durch die lücken des unsichtbaren

in den Schooß - als Preis ausdauernder Hoffnung und standhaft überwundener Leiden - und diese geringe Schaar, welche die Heimat bereits zu den Verschollenen zählte, war so glücklich, ihrem fernen Monarchen dadurch ein Zeichen ihrer Huldigung zu bringen, daß sie dem neuentdeckten Lande den Namen Kaiser-Franz-Josefs-Land gab.”2 Sie hinterließen eine kurze Nachricht als Flaschenpost in einem Felsspalt, die 1921 von norwegischen Seeleuten gefunden wurde. Die Mitglieder der Expedition machten sich, nachdem das Schiff Schlagseite bekommen hatte, mit Schlitten auf den Weg in Richtung Süden. Nach einer Wanderschaft von drei Monaten erreichten sie das offene Meer und ließen ihre Boote zu Wasser. Sie wurden von russischen Fischerschiffen gefunden und ins norwegische Vardobe gebracht. Die Geschichte schrieb Julius Payer später in seinem Buch nieder.3 Die Besatzung bestand aus 24 Mann, der Arzt Gyula Kepes war unter ihnen der einzige Ungar. Trotz der großen Entbehrungen starb nur ein einziges Mitglied der Besat­zung an Tuberkulose, der Schiffsmaschinist Otto Krisch. Nach ihrer Heimkehr erschien Kepes’ Bericht das erste Mal in dem Band Földrajzi Közlemények [Geographische Mitteilungen] des Jahres 1874. In Ungarn warteten die Zei­tungsleser mit großem Interesse auf Nachrichten von der Expedition, ihr Schicksal beschäftigte die Öffentlichkeit, und nach ihrer Errettung berichtete die Presse in mehreren Artikeln von der Reise der Polarforscher.4 Wie sich später herausstellte, war die Benennung des Budapest-Kaps oder Kaps Buda-Pesth Ergebnis einer irrtümlichen geo­grafischen Entdeckung: Der Leiterder Expedition bestimmte das Budapest-Kap in Höhe des 82. Breitengrades. Karl Weyprecht und Julius Payer waren - wie zahlreiche andere Polarforscher auch - durch die am Nordpol häufig auf­tretenden Luftspiegelungen getäuscht worden, so trugen sie in ihre Landkarten, die sie von dem Gebiet erstellten, auch Berggipfel oder Kaps ein, die in Wirklichkeit nicht existierten. Von diesen Irrtümern berichteten dann spätere Expeditionen ins Franz-Joseph-Land. Allusionen und Illusionen Die Geschichte der Expedition wurde im Abstand von etwa hundert Jahren Thema zweier literarischer Werke: Der romantische Roman von Mór Jókai, Bis an den Nordpol, oder Was ist mit dem Tegetthoff weiter geschehen5, reagierte sozusagen sofort auf die Ereignisse, das Buch von Christoph Ransmayr Die Schrecken des Eises und der Finsternis6 hingegen nähert sich der Geschichte von der Postmoderne her. Wie konnte man dieses zweifelsohne abenteuerliche Thema, das durchaus die Fantasie anregte, in der Zeit der Romantik und in der zweiten Hälfte des 20. Jahrhunderts 105

Next

/
Oldalképek
Tartalom