Körmöczi Katalin szerk.: Führer durch die historische Ausstellung des Ungarischen Nationalmuseums 3 - Vom Ende der Türkenkriege bis zur Millenniumsfeier - Die Geschichte Ungrans im 18.-19. Jahrhundert (Budapest, 1997)
SAAL 13. Kultur und Nationalbewußtsein am Ende des 18. und zu Beginn des 19. Jahrhunderts (Eszter Aczél)
40. Gedenkmedaillen des Umzugs der Universität von Nagyszombat (Trnava) nach Buda und des Erlasses der Ratio Educationis, 1780 (vorangehende Seite) bedeutenden Veränderungen. Maria Theresia hatte aus dem Vermögen des 1773 aufgelösten Jesuitenordens einen Unterrichts- und Universitätsfonds gebildet und 1777 eine Verordnung über die umfassende Regelung des Unterrichtswesens, die Ratio Educationis, erlassen, die ein selbständiges staatliches Unterrichtssystem in Ungarn einführte. Ein bedeutender Schritt in der Geschichte des ungarischen Unterrichtswesens war die Umsiedlung der von Péter Pázmány (15701637) in Nagyszombat gegründeten Universität nach Buda im Jahre 1777. Über die Umsiedlung der Universität nach Buda und die Ratio Educationis wurde eine silberne Gedenkmedaille geprägt, die anläßlich der feierlichen Investitur in Buda verteilt wurde (Abb. 40). Mit der Umsiedlung der Universität und der Einrichtung neuer Fakultäten wurde Pest-Buda zum Zentrum der neuen kulturellen und politischen Bestrebungen. Beachtenswert unter den Schulen Ungarns im 18. Jahrhundert waren auch die protestantischen Kollegien (Hochschulen mit angeschlossenem Gymnasium und Internat). Eine wichtige Rolle bei der Erreichung technischer Errungenschaften in Ungarn spielte die von Maria Theresia gegründete Bergbeamtenschule in Selmecbánya (Banská Stiavnica), die 1770 den Rang einer Akademie erhielt. An der Péter-Pázmäny-Universität bestand seit 1777 auch ein Lehrstuhl für Physik. Die Gründungsurkunde und die Lehrbücher des Institution Geometricum (1782-1850) zeugen von der Einrichtung dieser ersten bürgerlichen Technischen Hochschule der Welt. In den Fachwissenschaften und der Belletristik begann die Herausgabe ungarischsprachiger Bücher, und es erschienen die ersten ungarischen Zeitschriften. Den Beginn der Herstellung technischer Geräte zeigen ein Nivelliergerät sowie ein Zucker- und Alkoholgradmesser. Ein interessantes Zeugnis ist der Chronometer von János Hillrich aus dem Jahre 1814, den er testamentarisch dem Ungarischen Nationalmuseum vermacht hatte. Bleibende Zeugnisse der Ideale der Zeit sind die Werke der literarischen Großen der Aufklärung und die ihre Persönlichkeiten widerspiegelnden Portraits. Es wird die Möglichkeit gegeben, in vielen literarischen Werken und den die Anfange der ungarischen Presse bildenden Zeitschriften zu sehen. Die Bücher und Zeitschriften sind von den Portraits der Autoren begleitet, und daneben hängt das von György Festetics, der eine der ersten Wirtschaftsschulen Europas, das Georgikon in Keszthely gründete. DIE FREIMAURER IM 18. JAHRHUNDERT In diesem an politischen Veränderungen und geistigen Initiativen reichen 18. Jahrhundert entstand auch in Ungarn die Organisation einer Geheimbewegung, der Freimaurer. Ihr Ideensystem verschmolz die Ideale der Aufklärung und der französischen Revolution mit Elementen der mittelalterlichen Mystik, des Deismus, der antiken Kultur und der jüdischen Religion. Diese Elemente erscheinen in symbolischer Darstellung auf den Gebrauchsgegenständen und im Sprachgebrauch der Freimaurer, beispielsweise auf den Meisterschürzen und Meisterbriefen (Abb. 41). Wichtige Bestandteile ihres Handelns waren Wohltätigkeit, mitmenschliches Handeln und Förderung der Kultur. In das interne Leben der Logen gewinnen wir durch ein Gemälde Einblick. „Aufnahme in eine Wiener Loge" um 1786 zeigt die Auf-