Markója Csilla szerk.: Mednyánszky (A Magyar Nemzeti Galéria kiadványai 2003/2)

László Mednyánszky im Spiegelbild kunstwissenschaftlichen Schrifttums: wissenschaftliche und kulturhistorische Beiträge - Tünde Császtvay: Garküche, Kothurnen und Horner. Versuche eines Mäzenatentums zur Rettung der Nation und Seele Ungarns um die Wende des 19. Jahrhunderts

so ihre Berufung und ihre Rolle in dem sich derart auftuenden Vakuum finden. Auf diesem unbeschrittenen Pfad - ihrer ausgelieferteren, verlasseneren und aussichtsloseren Situation sowie ihrer Untrennbarkeit von der ungari­schen Sprache wegen - unternahm die ungarische Literatur die ersten Schritte. Und so versuchte sie als erste unter den Kunstgattungen, in der Marktwirtschaft ihr „eigenes Süppchen zu kochen". „Kothurne" Jókai mit Árpád Feszty und seiner Frau, Róza Jókai, im Atelier von Feszty (Vasárnapi Újság, 7. Januar 1894. 4) Die unzähligen Schreibkundigen aus dem Kreis des nach 1849 verarmten Mittel- und Kleinadels versuchten nach der fast völligen Abschaffung des aristokratischen Systems des Mäzenatentums die durch das staatliche Mäzenatentum gegebenen knappen Möglichkeiten auszunutzen: mit Hilfe ihrer in die Machtelite gelangten Bekannten und ehemaligen Kameraden finanzielle Unterstützung zu bekommen. Aber dies konnte für ihre Sorgen bei weitem keine Abhilfe leisten. Daher waren sie immer mehr darauf angewiesen, sich im Geschäftslabyrinth des Bücher-, Presse- und Kunstmarktes auszukennen und es zu erkunden. Die Frage des immer drückenderen finanziellen Ausgeliefertseins der ungarischen Schriftsteller geriet - obwohl sie bereits Mitte der 1870er Jahre öfters behandelt wurde - aufgrund der zu Beginn des Jahrzehnts von 1880 ausgebrochenen Diskussion über die Groschenromane in Zeitungen vor die Öffentlichkeit." Als Eröffnung der Diskussion diente eine Schrift des unter den Schriftstellern der Epoche mindestens um einen KOTHURN herausragenden Autors Mór Jókai. Titel und Timing der Schrift, die von seinem eigenen Blatt A Hon zu Ostern 1880 publiziert wurde, hatten symbolhaften Charakter. „Jede Tätigkeit in unse­rem Land hat ihre eigene Institution: Der Redner das Parlament, die Ambitionen von Beamten die Ministerpalais, Kaufleute die Börsen. [...] die ungarische Schauspielkunst hat bereits drei Tempel, der vierte, die Basilika der Liederkunst (d. h. die Oper - Anm. der Autorin T. Cs.) wird bereits groß gebaut, [...] es gibt eine Schauspielakademie, die bildenden Künstler und die Zeitungsschreiber haben ebenfalls ihre Paläste. [...] Und um all dieses kümmern sich die Gesetzgebung, Ensembles, städtische Behörden, Einzelpersonen und das große Publikum, sogar die Regierung. [...] Das nationale Potential erwacht, wird zum Leben erweckt und gestärkt in jedem Zweig der Bildung - alles nimmt einen raschen Aufstieg. Nutzlos ist jede Lamentation! Die Lasten sind groß, Beschwerden gibt es viele; aber alles ist bei uns zum neuen Leben erweckt, und wer lebt, der kommt durch... Nur wir entfliehen langsam, aber bemerkbar: gutmütige ungarische Romanciers. Nur für uns bedeutet die Vergangenheit Höhe und die Gegenwart Tiefe" 12 - so beginnt die bombastisch formulierte BeschwerdeHut Jókais. Anschließend zählte er Punkt für Punkt die die ungarische Belletristik aufzehrenden Missstände auf. Da man von etwas leben muss, schreiben die Romanciers lieber täglich bezahlte Leitartikel für Zeitungen und politische Pamphlets, even­tuell - wenn neben ausländischen Übersetzungen noch Platz frei bleibt - Beiträge für die unersättlichen Kolumnen des Feuilletons. Es trifft zu, fügt Jókai hinzu, dass die Romane - falls sie überhaupt geschrieben würden - sowieso von keinem einzigen Verlag gekauft würden. „Wie könnte denn jemand von einem Verlag verlangen, sogar ein Honorar an den ursprünglichen Romancier zu zahlen, wenn er Werke der berühmtesten englischen und franzö­sischen Schriftsteller gratis ergattern kann? Und wie kann von der Leserschaft erwartet werden, einen doppelten Preis für Werke ungarischer Schriftsteller auszugeben, wenn sie die Romane von Quida, Daudet, Alfonz und Zola zum halben Preis bekommen kann." 13 Nach plastischer Darstellung der die Seele verderbenden Wirkung der aus Fremdsprachen übersetzten zeitge­nössischen Bestseller und der in noch höherer Auflage herausgegebenen Journaille empfahl Jókai als einzig auf der Hand liegende Lösung zur Rettung der ungarischen Schriftsteller folgendes: „Die allererste Methode dafür ist ein Gesetzesvorschlag über das schriftstellerische Eigentumsrecht, der auch das Übersetzungsrecht an die Genehmigung des Autors binden wird. .. Wenn Werke ausländischer Romanciers nicht mehr gratis von einem jeden entnommen werden können, sondern man mit ihnen übereinkommen muss (und diese Herren sind nicht billig), dann werden diese unzähligen Zeitungsherausgeber gezwungen sein, jenem ein lächelndes Gesicht zu zeigen, der insgeheim seine Zeit für das Schreiben ungarischer Romane verliert. Es gibt unserer noch genug: wir sind nur im Verborgenen." 14 Der Beitrag Jókais erläuterte in der Tat die Schwierigkeiten des Künstlerlebens unter Marktverhältnissen im modernen Sinne, die Probleme zwischen Autor und Publikum sowie die Probleme des Kuhhandels des zwischen Autor und Publikum vermittelnden Verlags. Diese Probleme waren sehr stark mit der Angelegenheit der für eine Massenproduktion bestimmten künstlerischen Werke verbunden, denn nur dieser Bereich konnte einem zahlenmä­ßig starken Kreis und auf Dauer einen Lebensunterhalt bieten. Seine „Fragewörter" lösten einen riesigen Sturm aus. Die Tatsache, dass er eine auszugsweise Liste der Beschwerden der ungarischen Schriftsteller - der ungarischen Künstler im allgemeinen - zusammenstellte und all das von ihm, dem gefeierten Schriftstellerfürsten getan wurde, reichte aus, eine mehrere Jahre andauernde Diskussion zu dieser Frage in die Wege zu leiten. Jókai deklarierte nur, was sozusagen in der Luft schwebte. Diese Detailfragen waren in den Beiträgen des eigenen Organs des Kultusministeriums - Néptanítók Lapja - ebenso wie auch in den Schriften von Kálmán Mikszáth, eines damals noch weniger bekannten Journalisten aus Szeged, bereits früher schon aufgetreten. 15

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