Markója Csilla szerk.: Mednyánszky (A Magyar Nemzeti Galéria kiadványai 2003/2)

Das Leben und die Kunst von László Mednyánszky, mit besonderer Rücksicht auf die Periode vor - Anna Szinyei Merse: Mednyánszkys Beziehungen zur Kunst seiner Zeit

7 Wassilij Wassiljewitsch Wereschtschagin (1842-1904): „Beweg dich nicht - lass sie näherkommen!" (Verschollen) Besuchers über die kleineren, aber erheblich kühneren und moderneren Skizzen vor und nach dem Maifest nicht kennen - sofern Szinyei in seiner verbitterten Zurückgezogenheit diese Skizzen für seinen Besucher überhaupt hervorholte, da damals sein Ateliergebäude noch nicht fertig stand. Das Maifest und die Dame in Lila hingen hin­gegen im Schloss Jarovnice (Jernye) an der Wand. Letzteres bedeutete zweifelsfrei einen Schritt zurück, und zwar in die Böcklin'sche Richtung, die mit ihrer starken Farbenwelt und harten Formbehandlung den Betrachter in jeder Hinsicht abstieß. Mit dem Ergebnis war selbst Szinyei nicht zufrieden, deshalb malte er einige Jahre später die viel gelöstere, mehr impressionistische Dame in Gelb, diesmal nicht mehr im Zimmer, sondern im Freien. 37 Er hat dieses Bild nicht vollendet und deshalb seinem Gast vielleicht gar nicht gezeigt. Entweder zu diesem Zeitpunkt, oder bei einem erneuten Besuch erhielt er von Mednyánszky die Adressen von Wiener Modellen, die in seinem Skizzenbuch aufgezeichnet sind. Diese wollte er bei seinem 1882 begonnenen einjährigen Wienaufenthalt in Anspruch nehmen. Obwohl sie sich zur selben Zeit in der Kaiserstadt aufhielten, gibt es kein Zeichen dafür, dass sie in Berührung standen. Allerdings sind uns die Tagebuchaufzeichnungen Mednyánszkys aus dieser Zeit noch nicht bekannt. Umso natürlicher ist seine Bewunderung für die Schneeschmelze: Die monumental einfache Aufrichtigkeit des Bildes konnte ihm dazu verhelfen, zu seiner konzentrierteren, synthetischeren Landschaftsauffassung zu finden. 38 Mednyánszky hielt in Wien hauptsächlich mit Emil Jacob Schindler und Wilhelm Bernatzik Kontakte aufrecht, außerdem schätzte er die Kunst von Tina Blau sehr hoch. Auch sonst verbanden ihn starke Bande mit Prinzipien des österreichischen „Stimmungsimpressionismus". Mit diesem Thema beschäftigt sich in unserem Katalog ein eigener Beitrag. 39 Während Mednyánszkys Wienaufenthalt wurde 1881 die Ausstellung mit den Kriegsbildern des russischen Künstlers Wassilij Petrowitsch Wereschtschagin veranstaltet, die als eine Etappe einer umfangreichen europä­ischen Ausstellungsfolge ab dem 15. Januar 1883 auch in der alten Kunsthalle von Budapest zu sehen war. Zu einer Fortsetzung dieses besonderen Ereignisses, das im Vergleich zu den anderen Ausstellungen das Vielfache an Besuchern anzog, kam es, ergänzt durch neue Werke, im Oktober 1885 in Wien und im darauffolgenden Januar und Februar in Budapest. Die Ausstellung zeigte Bilder mit Hinrichtungsszenen auf indischen und russischen Kriegsschauplätzen und Darstellungen des unendlichen Leidens der zum Krieg gezwungenen einfachen Menschen. Wereschtschagin, der Maler dieser Bilder, ist während der Ausstellung in Budapest öffentlich aufgetreten und hielt in diesem Zusammenhang auch einen Vortrag, der vom Schriftsteller Mór Jókai eingeleitet wurde. Es ist beinahe ausgeschlossen, dass Mednyánszky, der sich schon immer für Katastrophen und ähnliche außerordentli­che Ereignisse interessiert hat, und außerdem ein regelmäßiger Gast im Salon Feszty-Jókai war, bei einem dieser Veranstaltungen nicht zugegen war. Es ist jedoch anzunehmen, dass er mindestens die letzte Wereschtschagin­Ausstellung, die am 20. Februar 1898 eröffnet wurde, besucht hat, wenn wir dafür auch bisher keine Bestätigung fanden. Diese interessanten Ausstellungen, die in der Presse einen gewaltigen Widerhall hervorriefen, 40 lösten zwischen den unterschiedlichen politischen Richtungen europa- und amerikaweit heftige Debatten aus und bedeuteten jahrelang ein ständiges Gesprächsthema. Wereschtschagin war bemüht - wie später Mednyánszky - möglichst viele Kriegsschauplätze aufzusuchen, aber auch er malte keine Schlachtenbilder oder Historienbilder. Seine überraschend neuartigen Augenzeugenberichte sind deshalb so unmittelbar, weil er in der Nähe der Soldaten, oft mit ihnen zusammen kämpfend, die Unmenschlichkeit mit eigener Haut erfuhr (Abb. 7). Diese immer neueren Bilderfolgen hatten für Mednyánszky meinem Empfinden nach unbedingt große Bedeutung, viel mehr als die eher akademischen Arbeiten seines einsti­gen Meisters Isidore Pils. An der am 1. April 1882 eröffneten Ersten internationalen Ausstellung im Wiener Künstlerhaus, an der Mednyánszky mit einer großformatigen Herbstlandschaft betei­ligt war, gab der Maler als Adresse seine Atelierwohnung in der Gumpendorferstraße Nr. 11 an. 41 In dem wie bei großen offiziellen Schauen überwiegend uninteressanten Material dürften unserem Maler die ihm von den Pariser Salons vertrauten Franzosen, hauptsächlich Daubigny, Boudin, J. Ch. Cazin und vor allem Bastien-Lepages berühmtes Gemälde Les Foins oder P. A. Colins gewaltige Nachtlandschaft wie eine Erquickung angemutet haben, ebenso die Belgier: Boulenger, Dubois (Abb. 8), Artan, Baron, und unter diesen besonders die beiden Waldansichten von Fontainebleau von Coosemans beziehungsweise Asselbergs. Aus Österreich waren Ribarz, Tina Blau, Schindler, Thoren, von den Deutschen Willroider, Wenglein, Baisch vertreten. 42 Beteiligt waren auch ungarische Maler, die ihm von der Budapester Kunsthalle bekannt gewesen sein mochten. Die Holländer und die Italiener schickten diesmal vor allem Genrebilder ein. Bei solchen gewaltigen, repräsentativen Schauen konnte Mednyánszky kaum figürliche Anhaltspunkte finden, aber für seine zunehmend sensible Naturdarstellung mochte er hie und da Bestätigung erhalten haben. In den Budapester Jahren, die auf seinen Wienaufenthalt folgten, unterbrach Mednyánszky sein Leben in der Hauptstadt durch zahlreiche Wanderungen auf dem Land. Doch lernte er eben in dieser Zeit die maßgebenden Personen des Budapester Kunstlebens gründlicher kennen. Seine Schwester erinnerte sich am liebsten an ihre Freundschaft mit dem Maler Árpád Feszty und an die eigenartige, „Aquarium" genannte Gesellschaft, sowie an die sehr anregende Beziehung zu den Schriftstellern Minka Czóbel und Zsigmond Justh 43 Die veröffentlichten Tagebuchaufzeichnungen Mednyánszkys sowie spätere Hinweise belegen, dass er auch mit weiteren Malern bekannt geworden ist. Da er die Ausstellungen der Budapester Kunsthalle von Zeit zu Zeit selbst beschickte, sah er wohl auch die Bilder von Mészöly, Spányi, Tölgyessy bzw. später von Magyar-Mannheimer, Frigyes Strobentz, István Bosznay, Viktor Olgyai, Oszkár Mendlik, deren einzelne Details oder Gestaltungsweise als Parallelerscheinungen

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