Markója Csilla szerk.: Mednyánszky (A Magyar Nemzeti Galéria kiadványai 2003/2)

László Mednyánszky im Spiegelbild kunstwissenschaftlichen Schrifttums: wissenschaftliche und kulturhistorische Beiträge - Tünde Császtvay: Garküche, Kothurnen und Horner. Versuche eines Mäzenatentums zur Rettung der Nation und Seele Ungarns um die Wende des 19. Jahrhunderts

mit mehreren berühmten englischen Schriftstellern guten Kontakt. Die günstige soziale Wirkung von ihr und der Pálma Dessewffys machte es möglich, dass dieser Plan in irgendeiner Form zustande kommt, und dass jene Idee, die meinem Hirn bereits bei der Gründung der debating soc[iety] entsprang, jetzt Gestalt annehmen kann." 31 Doch zur wahren Antwort führt der Weg tatsächlich über die debating society. Die nicht ganz drei Jahre lang bestehende Diskussionsrunde nach englischem Muster wurde noch im Jahr 1883 von Justh und seinen Mitstreitern gestartet. Die Gründungsversammlung fand am 9. November statt. Laut der erhalten gebliebenen Protokolle 32 ist es offensichtlich, dass das zur Aufmerksamkeit aufrufende und die Gesellschaft zusammen trommelde HORN von Zsigmond Justh geblasen wurde. Der junge Zsigmond Justh bereitete sich auf eine enorme Aufgabe vor, und dementspre­chend klügelte er die Strategie dieser Aristokratengruppe aus. Der Gesellschaft konnte man sich ausschließlich durch Empfehlung interner Mitglieder anschließen, und zwar nur aufgrund der Herkunft, aus Familien oberster Kreise. Nach dem Grundgedanken hätten hier die Mitglieder der Elitegruppe eine Eliteausbildung über alle Bereiche des Lebens, der Wissenschaften und der Künste bekommen: vom Entstehen von Kreditinstituten ange­fangen über die Einschätzung des in Vorbereitung befindlichen neuen Strafgesetzbuches bis hin zur Besprechung, welche Auswirkungen die französische Revolution auf Ungarn hatte. Sie wollte lesen, denken, politische Meinung äußern und diskutieren lehren. Wie Gábor Halász formulierte: Die Überlegung des Selbststudienkreises handelte in der Tat von der Schaffung einer gebildeten, den Zeitgeist verstehenden und mit dem Gewicht ihres Ansehens dienenden, fortschrittlich konservativen Aristokratie 33 (Abb. 4). Von der Seite Jusths zumindest traf dies auf jeden Fall zu. Die Protokolle beweisen eindeutig, dass der wahre theoretische Anführer - neben László Szápáry - Justh gewesen sein dürfte. 34 Ab Mitte April 1884 ergriff er - sehr bemerkenswerter Weise - einen Monat lang auf drei aufeinander folgenden Sitzungen 35 das Wort und las aus Le Play's Arbeit Reforme sociale en France vor. Le Play war eine der zentralen Gestalten der christlich-sozialistischen Richtung des Neokonservativismus. „Die gesellschaftlichen Auswirkungen der Weltwirtschaftskrise 1873 rufen einen neuen Trend des Konservativismus ins Leben", stellte Miklós Szabó fest. [...] „Durch das Auftreten der Arbeiterbewegung in der politischen Arena bildeten sich in der konservativen Reaktion zwei Alternativen heraus. Die konservativen Strömungen konnten einerseits - der neuen revolutionären Bewegung gegenüber - die Rolle des poli­tischen Organisators der Gegenreaktion der ausbeutenden Schichten übernehmen und dadurch zum Verbündeten der bis dahin feindlichen Bourgeoisie werden, oder anderer­seits in der vermeintlich noch schwachen sozialistischen Arbeiterbewegung auf einen Verbündeten gegenüber dem bisherigen Feind, dem bürgerlichen Liberalismus hoffen [...] Das Problem, zu dem der Neokonservativismus dem Liberalismus gegenüber eine Lösungsalternative auf der Grundlage der Ausbeuterordnung versprach, war das soziale Problem [...]. Während die sozialistische Theorie an die gesellschaftliche Situation des Einzelnen aus der Sicht seiner Einfügung in die Makrostruktur der gesellschaftlichen Arbeitsteilung heranging, erschloss die konservative Theorie, vor allem die in vieler Hinsicht konservativ inspirierte französische Soziologie (Dürkheim, Tarde und Le Play, der in der Ausarbeitung der konservativen Theorie und Politik eine große Rolle spielte) die Mikrostruktur der Einfügung des Einzelnen in die Gesellschaft und die Struktur zusammenhaltender konventioneller kollektiver Bindungen von kleineren gesellschaftlichen Gebilden, wodurch sie der in der konservativen Ideologie eine Schlüsselposition einneh­menden Tradition eine neue Bedeutung verlieh. Während der Sozialismus die Problematik des Klassengegensatzes erschloss, wandte sich der Konservativismus der Problematik der gesellschaftlichen Kohäsion zu und verlieh dem Begriff Solidarität innerhalb der gesellschaftlichen Gruppen einen ideologischen Sinn." 36 Wie merkwürdig es auch erscheinen mag, die Geschichte des weit später entstandenen Mübarátok Köre [Kreises der Kunstfreunde] begann in der Tat irgendwann um diese Zeit. Der etwa 20-jährige Zsigmond Justh, der fünf bis sechs Jahre später bereits an einer schweren Lungenkrankheit litt, suchte also Partner für dieses Welt und Nation errettende Unterfangen. Die Partnersuche in diesem Sinn war ein zentraler Gedanke Jusths und blieb es sein Leben lang. Obwohl sich die zeitgenössische ungarische Aristokratie (sowie die Fachliteratur) größtenteils auch mit einfacheren Erklärungen zufrieden gab und seine Gedanken zur Rettung der Nation für im französischen und (weit weniger) im ungarischen Salonleben aufgeschnappte Ideenfragmente hielt, als deren übertriebenen Sammler sie ihn ansah, kann auch aus diesem einzigen skizzierten Beispiel erahnt werden, wie berufen und mit welch hohem Ernst Zsigmond Justh sich zu Beginn auf eine Teilnahme an der Führung des Landes vorbereitete. 37 Es ist bei weitem nicht sicher, dass er seine Pläne zur Erlösung der Welt und der Nation hätte erfüllen können, wenn ihm das Schicksal ein längeres und gesünderes Leben beschert hätte. Vereitelt wurden sie schließlich durch eine sehr weltliche Sache: seine Lungenkrankheit. Durch die Verschlechterung seines physischen Zustandes erschien es ihm immer wichtiger, jene Mitstreiter und Freunde zu finden, die (sogar auch nach seinem Tod) imstan­de sind, die gemeinsamen Ziele zu realisieren und ebenso begann auch sein Programm zur Umgestaltung der Welt sich zu reduzieren und aufzulösen. Wegen seiner Krankheit musste er immer mehr Zeit fern von seiner Heimat verbringen, doch die Idee der Gesellschaften von Freunden und kleinen Gemeinschaften erschien ihm immer wichtiger zu sein, denn mit ihrer Hilfe konnte man - bei strenger Arbeitsteilung - dennoch den von ihm für einzig richtig gehaltenen Zielen zur Gesellschaftsreform näherkommen. In seinem verwickelten Verbindungssystem von Freunden, die auch untereinander den Kontakt pflegten, nahm ein jeder seinen - zumindest nach Justh - idealen Platz ein. Die Systemartigkeit entbehrte nämlich nicht Die Frau Gräfin Albin Csáky (A Hét, 1, 1890, Titelblatt)

Next

/
Oldalképek
Tartalom