Mitteilungen des Österreichischen Staatsarchivs 50. (2003) - 200 Jahre Russisches Außenministerium

AUGUSTYNOWICZ, Christoph: „Ablegations-negocien von keiner erhöblichkeit“? – Wirken und Wirkung der Moskauer Großgesandtschaft in Wien 1687

„Ablegations-negocien von keiner, erhöblichkeit“? bei der Antrittsaudienz unter anderem ein besonders wertvolles Murmeltier, vier Paare Zobel, einen Hermelinmantel, sowie zwei Zobelmäntel. Die Kaiserin erhielt beim Abschied insgesamt vier Paar Zobel und einen Hermelinmantel.74 In der Reaktion am kaiserlichen Hof auf diese Geschenke zeigt sich ein Missver­ständnis, das die Beziehungen zwischen Moskau und dem Westen schon lange be­lastet hatte. Der schlechte Ruf russischer Gesandtschaften an europäischen Höfen beruhte - neben den bereits angesprochenen exzessiven Trinkgewohnheiten - wohl zu einem wesentlichen Teil auf der Beschaffenheit ihrer Geschenke, die fast immer nur aus Pelzen bestanden und - so ihr Ruf - aus reiner Berechnung übergeben wür­den. Ihnen wurde unterstellt, ihr ausschließliches Ziel sei, selber Gegengeschenke weitaus wertvollerer Natur zu erhalten. Im kulturellen Kontext des Moskauer All­tags- und Hoflebens war jedoch sogar weitergegebene Kleidung Ausdruck des Ran­ges: Für hohe Anlässe wurde den Gesandten und Beamten laufend Kleidung aus den Beständen der Zaren zur Verfügung gestellt; vor allem Pelze wurden hierbei hoch geschätzt.75 Entsprechend missverständlich ist die Einschätzung der von Seremetev und seinen Kollegen überbrachten Geschenke, wenn man darüber am Kaiserhof urteilte, dass sie „sehr schlecht waren“.76 Über allen Missverständnissen hingegen standen die kaiserlichen Ausgaben, vor allem die Geschenke, die nichts an Aufwand zu wünschen übrig ließen: Wertvolles Geschirr und Besteck, gefertigt aus Gold und Silber, findet sich mit genauer Ge­wichtsangabe im Bericht der Moskauer Gesandten, natürlich streng hierarchisch abgestuft: Für Seremetev waren 3 335 Gulden 58 Kreuzer und somit über ein Vier­tel des gesamten Aufwandes für Geschenke77 ausgegeben worden, für die übrigen drei Gesandten insgesamt 4 013 Gulden 24 Kreuzer. Dem geistlichen Personal der Gesandtschaft wurden Wertgegenstände und Bargeld um 283 Gulden 25 Kreuzer zugeteilt, dem Kammerpersonal (19 Personen) 1 918 Gulden 49 Kreuzer, dem Kanzleipersonal 302 Gulden 1 Kreuzer. Wenn auch seine Bezahlung nicht allzu großzügig ausfiel, so wurden die Geschenke für den Arzt der Gesandtschaft immer­hin als eigener Posten ausgewiesen: Er erhielt 32 Gulden 44 Kreuzer. Die übrigen Bediensteten der Gesandten (mindestens 185 Personen) bekamen insgesamt 1 796 Gulden 11 Kreuzer, wobei auffällt, dass das Personal des dritten Gesandten Nikifo­rov nicht aufgelistet wurde. Der pod jacij Nefimonov hatte im Zuge der Vorberei­Pamjatniki 7 Sp. 101 und 6 Sp. 243. 75 Vgl. dazu R ü ß , Hartmut: Herren und Diener. Die soziale und politische Mentalität des russischen Adels. 9.-17. Jahrhundert. Köln - Weimar - Wien 1994 (=Beiträge zur Geschichte Osteuropas 17), S. 190-198; zur Einschätzung von Moskauer Gesandten im Westen siehe Aigner, Robert: Kennt­nisse über Rußland in Europa zur Zeit Peters des Großen. Diss. Innsbruck 1950, S. 65. 76 HHStA Wien, ZA-Prot. 4, fol. 208\ 77 Bei der Berechnung der Gesamtkosten kaiserlicher Geschenke ergibt sich eine Diskrepanz: Im Verzeichnis der Ausgaben für die Moskauer Großgesandtschaft von 1687, Wien 1688 August 4, HKA Wien, Reichsakten, Kart. 169, Nr. 132, 344v, wird die Summe der Ausgaben für Geschenke mit 12 368 Gulden 58 Kreuzer angegeben, die Summe der hier in der Folge aufgelisteten Posten be­trägt aber lediglich 11 682 Gulden 32 Kreuzer. 59

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