Mitteilungen des Österreichischen Staatsarchivs 44. (1996)
FALLENBÜCHL, Zoltán: Anton Cothmann, Siedlungsarbeiter unter Kaiserin Maria Theresia
Zoltán Fallenbüchl die Leitung des Salz- und des Kassenwesens in Ungarn32. Er vereinte also in seiner Hand enorme Kompetenzen. Am 11. Februar erhielt er den Befehl zur Besichtigung der für die Siedlungspläne besonders wichtigen Kameralgüter von Bács. Wegen sehr schlechter Witterungsverhältnisse trat er seine Reise erst am 25. April an, blieb aber dann bis zum 21. Juli. Über seine Reise und seine Projekte verfaßte er einen ausführlichen Bericht an die Ungarische Hofkammer, welcher historisch sehr wichtig ist33. Das Zentrum der Bácser Kameralsiedlung war der Ort Apatin. Schon in den 1740er Jahren hatte dort die Niederlassung von deutschen Kolonisten begonnen. Der tüchtige Administrator, Franz Joseph Redl, hatte in der dortigen Gegend auf den Ärarialgütern seit 1749 etwa 5000 Familien „angesetzt“. Zur Hälfte waren sie Ungarn, etwa ein Fünftel waren Deutsche, die übrigen Slawen34. Die etwa 1000 deutschen Familien prosperierten wirtschaftlich am besten. Seit dem Beginn von Cothmanns Tätigkeit entwickelte sich das Gebiet gut. Cothmann stellte fest, daß sich in Apatin schon viele Handwerker befänden, ja sogar ein deutscher Buchbinder und Buchhändler könne dort sein Brot verdienen. Das wäre alles wohl und gut, doch bedürfe das weite Gebiet noch guter Schullehrer und Chyrurgen, die auch besser bezahlt werden sollten. Da diese Gegend holzarm wäre, sollte man die neuen Siedler auf Ulmer Schwabenzellen (= Holzbarken) herbringen, wobei man das Holz dann sofort als Baumaterial verwenden könnte. Statt der traditionellen Getreidewirtschaft, oder parallel mit dieser, soll man Krapp (= Färberöte), Leinsamen, Hanf und Maulbeerbäume pflanzen, denn diese Grundstoffe wären für eine künftige Industrie sehr nötig. Obwohl er sehr für die Ansiedlung deutscher Kolonisten eintrat, war er auch offen für die Niederlassung der ungarischen Kolonisten, die ebenfalls in größerer Anzahl angeworben werden sollten. Cothmann mußte von den französischen, spanischen und englischen Kolom- sationssystemen Kenntnis haben. Da von seinen Reisen in diese Länder Westeuropas nichts bekannt ist, muß er wohl die diesbezügliche, ihm zugängliche Literatur studiert haben35. Bevor Cothmann die Siedler in Apatin zurückließ, nahm er von ihnen auf einer Versammlung Abschied. Sie in Gottes Hände empfehMOL Budapest, MKL, E 1, Prot. Cons. 1763, S. 142. Diese Meldung, welche im Ungarischen Staatsarchiv unter Signatur MKL, E 137, Relationes Com- missariorum Regiorum, Konvolut 15, Fasciculus 39, Nr. 66 liegt, wurde durch I vány : Cothmann Antal ins Ungarische übersetzt und - hrsg. von Tafferner: Anton von Cothmann - in deutscher Sprache für die Siedlungsforschung ausgewertet. Frey er, Hans: Der politische Begriff des Volkes. In: Denkschrift lür Jakob Bleyer 1874-1934. Berlin-Leipzig 1934, S. 141-142. Auf Grund von Zahlenangaben der im Haus-, Hof- und Staatsarchiv in Wien liegenden Staatsratsakten. Es ist merkwürdig, daß am 24. Oktober 1764 in der seit erst dem Juli dieses Jahres erschienenen Preßburger Zeitung eine Nachricht über die französische Kolonisation in Cayenne veröffentlicht wurde. Wer die Aufmerksamkeit der Redakteure auf diese Pariser Nachricht lenkte, ist nicht bekannt, es scheint aber sehr wahrscheinlich daß es eben Cothmann war, der die Ansiedlungsfragen aus eigener Praxis kannte. - Siehe auch Schünemann: Österreichs Bevölkerungspolitik, S. 258. 118