Mitteilungen des Österreichischen Staatsarchivs 44. (1996)
FALLENBÜCHL, Zoltán: Anton Cothmann, Siedlungsarbeiter unter Kaiserin Maria Theresia
sind oft verschieden, was bei der Rechtsfindung und gerechten Behandlung der Bevölkerung in Betracht gezogen werden muß. Die Ansiedlung mit Deutschen müßte gefördert werden, wenn man dieses Gebiet stärker beleben wollte. Dieser Bericht Cothmanns erregte sowohl in Prcßburg bei der Ungarischen Hofkammer, als auch in Wien beim kaiserlich-königlichen Hofe großes Aufsehen. Das Interesse an seinen Ausführungen ließ auch in den folgenden beiden Jahren nicht nach, und sein Bericht blieb weiterhin auf der Tagesordnung. Wir übertreiben kaum, wenn wir behaupten, daß Cothmanns Meldung der ins Wasser geworfene Stein war, welcher zu der Urbarialregelung des nächsten Jahrzehntes in ganz Ungarn führen solltel7 18. Da aber derartige Entscheidungen zumeist infolge persönlicher Audienzen am Wiener Hof getroffen wurden, sind sie dokumentarisch schwer nachweisbar. Die Besiedlung der Kameralgüter in Bács ging indessen weiter, wenn auch infolge des Krieges mit bescheidenen finanziellen Mitteln. Cothmann mußte - im Einverständnis mit dem Präsidenten - auch um die Verbesserung der Finanzlage kämpfen. Das Prinzip der adeligen Steuerfreiheit setzte seinen Bestrebungen bald Schranken. Dabei muß jedenfalls betont werden, daß die Steuerfreiheit des ungarischen Adels nicht nur von gesellschaftlicher Selbstsucht bedingt war. Der Adel war in Ungarn sehr zahlreich und in breiten Schichten oft sehr arm. Eine einfache Abschaffung der Steuerfreiheit hätte rasch zum Ruin vieler Adelsfamilien geführt; dies umso mehr, weil im Lande keine richtige Marktwirtschaft, sondern eine adelige Autarkie („Hauswirtschaft“) mit patriarchalischen Verhältnissen herrschte, eine Tatsache, die für einen damaligen modernen Staatsapparat kaum annehmbar war. Langsam und behutsam - war die Devise der ungarischen Staatsverwaltung, welche Präsident Grassalkovich in eigener Person vertrat und Cothmann mußte sich seinem Vorgesetzten fügen. Dazu kam noch, daß er sich nicht allein dem Siedlungswerke widmen konnte, da er in seiner Eigenschaft als Kassadirektor seine Kräfte zur Beschaffung der zum Krieg nötigen Geldmittel brauchte. Er mußte sowohl mit der Wiener Bancodcpu- tation um ein ausgewogenes Verhältnis bei den Restanzien verhandeln, als auch den ihm anvertrauten Kasernenbau in Preßburg fertigstellen1S. Das Jahr 1760 nahm für Cothmann einen traurigen Anfang. Sein Vater starb im Alter von 76 Jahren. Martin Conrad Cothmann hatte mit seinem Sohne in Prcßburg gewohnt und wurde auch dort in der Gruft der königlichen Krönungskirche, der Hauptpfarrkirche, beigesetzt. Nach einigen Wochen, Anfang März, starb auch der einstige Vorgesetzte und Protektor, der Salzwesensdirektor Johann Anton De Jean de Hanssen19. Auf seine Stelle wurde sehr rasch Cothmann Anton Cothmann, Siedlungsarbeiter unter Kaiserin Maria Theresia 17 So auch Schünemann: Österreichs Bevölkerungspolitik, S. 196 f. 18 MOL Budapest, MKL, E. 1. Prot. Cons. 1759. S. 288, 361; S. 524. Meldung über die Ankunft 100 sich freiwillig zur Ansiedlung anbietenden Familien; S. 2419: Kasemenbau. 17 Röm.kath. Pfarrmatrikel der Sankt Martins-Kathedrale in Preßburg.Totenprotokoll: Zwei Männer für 1760 Martin Conrad Cothmann, 76 Jahre alt und am 3. März 1760 Johann Anton Deschan, ebenfalls 76 Jahre alt. 115