Mitteilungen des Österreichischen Staatsarchivs 31. (1978) - Festschrift für Richard Blaas

Edith WOHLGEMUTH: Prinz Johannes von und zu Liechtenstein als letzter k. u. k. Marineattaché in Rom 1912—1915

374 Edith Wohlgemuth ben geschult wurden6), beklagt Prinz Liechtenstein in seinen Erinnerungen die seiner Meinung nach „mangelhafte geschäftliche und amtliche Vorbereitung für diesen Dienst, welche in unserer Marine leider üblich war. Der Dienst litt sicherlich unter diesem Versäumnis, denn ein Attaché brauchte immer wieder Monate Lehrzeit, bevor er sich klar war, welche Berichte von Interesse sein konnten, ob man sich mit Konfidenten einlassen sollte und ob es an hoher und höchster Stelle gerne oder mißliebig gesehen wurde, falls in den Berichten auch politische Fragen gestreift würden . . . Als ich mich in der Marinesektion bei dem Chef der Operationsabteilung bei Antritt meiner Mission meldete, erfuhr ich gar wenig über Art und Weise der von mir erwar­teten Berichterstattung, aber auch in Pola hatte ich gehofft, durch die Schulschiffs­kommandos, durch das Arsenalkommando, sowie im Technischen Komitée Belehrung zu erhalten, sowohl über den Stand der eigenen Fortschritte in den verschiedenen Ge­bieten, als auch über das, was bei der italienischen Marine besonders interessieren könnte“ 7). Die so reflektierte Unsicherheit bei der Übernahme seines Attachépostens konnte aber den damaligen Linienschiffsleutnant nicht allzu lange beschwert haben, denn seinem Wesen wurden Unternehmungsgeist, Entschlossenheit, Strebsamkeit und Gewissenhaftigkeit dokumentiert und zu seinen Qualifika­tionen zählten ganz allgemein gute Begabung, Bildung, Kenntnisse und Fä­higkeiten. Er stand bei seiner Ernennung zum Marineattaché in Rom am 3. Mai 1912 im 39. Lebensjahr und hatte nach Verwendungen auf verschie­denen Schiffen, auf denen er unter Segel und unter Dampf weit auf den Weltmeeren herumgekommen war, auch solche in Hafen-Admiralaten, im Marine-Detachement Budapest und im Marinetechnischen Komitee absol­viert8). 6) NA B/811 n. 1: Viktor Freiherr v. Seiller Erinnerungen des letzten k. u. k. Mili- türattachés in Rom (Vortrag, gehalten am 14. April 1958) 1. 7) NA B/718 n. 4: Erinnerungen des Linienschiffskapitäns Prinz von und zu Liechtenstein über seine Tätigkeit als Marine-Attaché in Rom während der Jahre 1912-1915 (Wien 1952) 3f (= Erinnerungen). Chef der Operationskanzlei der Marine­sektion war damals Linienschiffskapitän Carl Kailer v. Kaltenfels. 8) Über Johannes Prinz von und zu Liechtenstein vgl. Kriegsarchiv, Qualifikations­listen; ferner Alexander Frick Prinz Johannes von und zu Liechtenstein in Jahrbuch des Historischen Vereins für das Fürstentum Liechtenstein 59 (1959) III—VIII. Geb. in Wien, 6. Jänner 1873, gest. auf Hollenegg, 3. September 1959. Während seiner Verwen­dung als Marineattaché bis 25. Mai 1915 am 1. November 1912 zum Korvettenkapitän, am 1. November 1916 zum Fregattenkapitän und am 1. November 1918 zum Linien­schiffskapitän ernannt, ging er am 1. Jänner 1919 in den Ruhestand. Nach dem Kriegseintritt Italiens zeichnete er sich als Kommandant der Torpedofahrzeuge „Wild­fang“ und „Csepel“ u. a. auf einer Reihe von Convoifahrten in der Südadria aus, kam auch wiederholt mit überlegenen feindlichen Seestreitkräften ins Gefecht und wußte sich immer mit ausgezeichneter Tapferkeit und großem Geschick zu behaupten. Seine hervorragendste Leistung vollbrachte er im Kreuzergefecht in der Straße von Otranto, 14/15. Mai 1917, wodurch die erste Bresche in die Sperrlinie in dieser Seestraße ge­schlagen wurde: NA B/718 n. 2: Prinz Liechtenstein Gefechts-Bericht über Aktion an der Albanischen Küste in der Nacht vom 14. auf den 15. Mai und am Vormittag des 15. Mai 1917 S. M. S. ,,Csepel“ und „Balaton“ an das k.u.k. Kreuzerflotillenkom- mando vom 16. Mai 1917. Vgl. Hans Hugo Sokol Österreich-Ungams Seekrieg 1914-18 (Wien 1933) 376 ff. Am 25. August 1917 wurde er Kommandant des Kreuzers

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