Mitteilungen des Österreichischen Staatsarchivs 16. (1963)
CSÁKY, Móric: Die ungarische Wegtaufenverordnung von 1890. Ein Beitrag zur Geschichte des Kulturkampfes in Ungarn
Die ungarische Wegtaufenverordnung von 1890 377 Mischehen und befürwortete die Verweigerung der Taufe für Kinder aus solchen Ehen! So begannen sich im Verlauf der Beratung deutlich zwei entgegengesetzte Fronten zu bilden: während die Bischöfe Dulánszky, Császka, Bende und Schuster 60) für Samassa Partei ergriffen, stürzte sich Bischof Hornig — verständlicherweise — „voll Leidenschaft“ auf den Erzbischof von Erlau und schloß sich schließlich ganz unverhohlen der intransigenten Richtung Zalkas an. Bischof Schlauch wollte vermitteln: die Bischofskonferenz möge sich doch in einem gemeinsamen Schreiben an den Kultusminister oder noch besser an das gesamte Kabinett wenden und ganz offen den kirchlichen Standpunkt darstellen. Doch sowohl Kardinal Simor, als auch Erzbischof Samassa lehnten diesen Vorschlag ab. Schließlich einigte man sich dahin, daß unverzüglich Rom um Auskunft gebeten werden müßte. In der Zwischenzeit aber könne die Verordnung publiziert und auch befolgt werden61). Csáky glaubt nun, wenn Samassa die so günstige Gelegenheit, um Hornig anzugreifen, nicht ausgenützt hätte, hätte die Konferenz wohl nicht diesen dramatischen Verlauf genommen und wäre voraussichtlich zu einem ganz anderen Ergebnis gekommen: Hornig hätte sich wahrscheinlich, eingedenk des positiven Urteils, das er erst vor kurzem über die Verordnung abgegeben hatte, der Ansicht Samassas angeschlossen, die Berufung nach Rom wäre ausgeblieben und die Wegtaufenverordnung ganz einfach angenommen worden62). Wohl wurde auch so der Vorschlag Samassas akzeptiert, aber doch nur als Übergangslösung. Auch sorgte Bischof Hornig gleich nach der Konferenz dafür, daß Simor die Formulierung Samassas in Rom nicht empfahl! 60) Ferdinand Dulánszky, geb. Gran 15. X. 1828, gest. Fünfkirchen 24. I. 1896. 1855 Priester, 1862 Theologieprofessor in Budapest, 1872 Sektionsrat im Unterrichtsministerium, 1873 Domherr von Gran, 1874 Bischof von Bács, dann Stuhlweißenburg, 1877 Bischof von Fünfkirchen. — Emmerich Bende, geb. Baja 28. VIII. 1824, gest. Nyitra 27. III. 1911. 1849 Priester, 1886 Domherr von Kalocsa, 1886 Bischof von Beszterce, 1893 Bischof von Nyitra. — Konstantin Schuster, geb. Szakolsza (Nyitra) 31. VII. 1817, gest. Vácz 23. VII. 1899. 1865 Domherr von Kalocsa, 1877 Bischof von Kaschau, 1886 Bischof von Vácz. 61) Das Protokoll der Konferenz verfaßte Bischof Hornig. Darin werden die Sprecher in anderer Reihenfolge aufgeführt: Samassa, Hornig, Schlauch, Bende, Zalka, Dulánszky, Schuster, Meszlényi, Steiner. Die Glaubwürdigkeit der Schrift wurde schon von Samassa offen angezweifelt und von den Bischöfen erst auf einer späteren Konferenz bestätigt. Ob Schlauch tatsächlich so ein schlechtes Gedächtnis hatte, daß er wenige Tage nach der Konferenz nicht mehr wußte, daß er nicht als letzter Redner aufgetreten war? Hornig hat das Protokoll stets bei sich in Veszprém behalten (ob aus Vorsicht?) und dem Primas nie übergeben! — In einem Schreiben (vom 7. V. 1890) an Leo XIII. sagt Hornig, Samassa hätte ihn deshalb angegriffen, weil er (Hornig) am Tag der Konferenz sein gegen die Verordnung gerichtetes Rundschreiben schon druckfertig vorliegen hatte. Vgl. Salacz, Kultúrharc 51—52 und Anm. 14 u. 17. 62) Bischof Bubics von Kaschau hatte die Verordnung schon vor der Konferenz publiziert und war daher zu dieser nicht mehr erschienen.