Mittheilungen des k.k. Kriegs-Archivs (1881)
Moriz v. Angeli, Major im k. k. Kriegs Archive: Der Krieg mit der Pforte 1736 bis 1739 - I. Die Ereignisse im Jahre 1736
I. Die Ereignisse im Jahre 1786. 253 Eugen der Fall war, auch jetzt noch zum grossen Tlieile aufrecht und war dein Hofkriegsrathe ein sehr weitgehender Einfluss auch auf rein politische Fragen gewahrt. Zumeist unter dem Vorsitze Königs egg’s versammelten sich die Conferenzminister Gundaker Graf Starhemberg, Graf Harrach und Hofkanzler Sinzendorf zur Borathung, welcher als militärische Beiräthe die Feldzeugmeister Josef Friedrich Prinz zu Sach sen-Hildburghausen und Baron S c h m e 11 a u beigezogen wurden. Von hier gingen in politisch-militärischer Hinsicht alle Anträge aus, welche dem Kaiser zur Sanction vorgelegt wurden; der innere Werth der neuen Institution hatte sich jedoch erst praktisch zu erhärten. Da die Verhältnisse ein unmittelbares Eingreifen in die Action nicht gestatteten, so suchte man sich durch einen Mittelweg aus der momentanen Verlogenheit zu ziehen, indem man beiden kriegführenden Theilen seine Vermittlung anbot. Um derselben den nöthigen Nachdruck zu verleihen, wurden sämmtliche Cavallerie-Regimenter aus dem Reiche und 3 Infanterie-Regimenter aus Italien nach Ungarn verlegt und mit den wenigen dort schon befindlichen Truppen, unter dem Commando des Feldmarschalls Johann Grafen Pálffy, in Lagern bei Bács, Futak, Novoselo, Keresztur und Kobyla concentrirt. Die Hoffnungen, welche auf diese bewaffnete Mediation gesetzt worden waren, erfüllten sich jedoch nicht. Die Russen nützten in der Krim rücksichtslos die Vortheile aus, die ihnen ihr völkerrechtswidriger Überfall in die Hände gespielt hatte, und forderten immer dringender und mit Hinweis auf die Vertragstreue, welche sie schon zweimal, 1727 und 1733, bewiesen hatten, nun das Gleiche auch vom Kaiser. In Wien konnte man sich endlich nicht mehr der Überzeugung verschliessen, dass unter den gegebenen Verhältnissen und ungeachtet der Bereitwilligkeit der Pforte eine friedliche Beilegung des Streites kaum zu erhoffen sei, und erwog sorgfältig die Chancen, welche sich nach der einen oder andern Richtung hin darboten. Eine vertragsmässige Verpflichtung des Kaisers zur Theil nähme am Kriege bestand allerdings nicht. Der Tractat vom Jahre 1726 stipulirte die gegenseitige Hilfeleistung nur in dem Falle, als einer der Vertragsschliessenden Tlieile von einem äussern Feinde angegriffen werden würde. In dem gegenwärtigen Kriege war aber thatsächlich Russland der Angreifer. Wollte sich jedoch Carl VI. den Anforderungen Russlands gänzlich entziehen, so musste dies nothwendig eine dauernde Störung der guten Beziehungen zwischen beiden Staaten zur Folge haben; Österreich verlor seinen einzigen Bundesgenossen und stand gänzlich isolirt vor der keineswegs beruhigenden politischen Situation Europa’s. — Hand in Hand mit Russland konnte man dagegen hoffen, bedeutende Erwerbungen im Süden der Save zu machen, jedenfalls aber sich an der adriatischen Küste bis Dulcigno auszudehnen und