Leo Santifaller: Ergänzungsband 2/1. Festschrift zur Feier des 200 jährigen Bestandes des HHStA 2 Bände (1949)
III. Heraldik und Geneologie - 18. Wolfgang Kotz (Wien): Das Schweizer Wappenbuch
Das Schweizer Wappenbuch. 311 Die Figuren sind fast durchwegs in heraldischen Tinkturen gehalten; das gilt nicht nur für die heraldischen, sondern auch für die natürlichen Figuren. Grün kommt, wenn auch selten, sowohl als Feld- wie auch als Figurenfarbe vor. Die heraldische Regel, nicht Farbe auf Farbe oder Metall auf Metall zu setzen, wird zwar nicht ausnahmslos eingehalten, jedoch in der überwiegenden Mehrheit der Fälle befolgt; von Abweichungen ist hauptsächlich die mehrfach vorkommende Kombination Gelb auf Weiß festzustellen. Bei aus mehreren Feldern bestehenden Schilden sind die Tinkturen meistens so verteilt, daß in einem Feld die Figur in Farbe auf Metall, in dem anderen die Figur in Metall auf Farbe steht. Vereinzelt kommen in den gleichen Tinkturen gehaltene Felder anschließend vor. In wiederholten Fällen unterscheiden sich die Wappen von Zweigen einer Familie durch verschiedene Helmzierden, die zum Teil gewisse Ähnlichkeiten aufweisen. In einem solchen Fall wird, wie aus einer Legende auf Seite 415 hervorgeht, dieser Zweig als „Helm“ bezeichnet. Was die Oberwappen betrifft, so ist zu bemerken, daß die Wappen fast durchwegs — auch solche von Familien höherer Adelsgrade — nur einen Helm aufweisen. Wappen mit zwei oder drei Helmen sind in der Minderheit, finden sich jedoch vereinzelt auch bei Wappen von Familien des einfachen Adels. Die Helme sind in der überwiegenden Zahl Turnierhelme, den Restteil bilden Kübelhelme. Die Helme sind in der Regel silbern tingiert; eine Tingierung in Gold oder gar in Schwarz findet sich selten. Eine Bekrönung der Helme ist nur in Ausnahmsfällen festzustellen; es hat, wie aus einer Legende auf Seite 49 entnommen werden kann, den Anschein, als ob der Verfasser einen gekrönten Helm als Attribut des Freiherrnstandes angesehen hätte, da er ein Wappen einer Familie, die aus dem Freiherrnstande gekommen war und nunmehr bloß den Edelknechten angehört, unter der Angabe „Ex sigillo arma et galea sed galea sine Corona“ mit Helmkrone ausstattet. Rangskronen finden sich nirgends. Was die Helmdecken betrifft, so ist bezüglich ihrer Ausführung zu bemerken, daß sie bei Wappen mit Turnierhelmen in Renaissanceausstattung (eine Ausstattung mit „altfränkischen“ Helmdecken findet sich bei den Schweizer Wappen nur als Unikum), bei Wappen mit Kübelhelmen gotisch ausgeführt sind. Die Tingierung der Helmdecken entspricht in den meisten Fällen bei aus einem Feld bestehenden Schilden den Tinkturen des Schildes, bei mehrfeldigen Schilden den Tinkturen des vornehmsten Feldes u. zw. so, daß die Farbe außen und das Metall innen zu stehen kommt. Als Ausnahmsfälle sind zu verzeichnen: Helmdecken, außen gelb, innen weiß, oder violette Helmdecken, ohne daß jedoch die violette Farbe durch das Vorkommen im Schilde motiviert wäre, oder rot-grüne Helmdecken (zweimal, hievon einmal auf Grund einer französischen Verleihung). Eine verschiedene Tingierung der beiderseitigen Helmdecken eines Helmes ist äußerst selten. Perspektivische Darstellungen von Wappenfiguren sind nur zweimal zu verzeichnen. Das Vorkommen von Leerfeldern oder von Leerschilden ist als Seltenheit anzusehen; einmal ist ein Leerfeld damasziert. Die große Zahl der Wappen bietet uns die Möglichkeit einer Feststellung, daß sich manche Wappenbilder oft Aviederholen. So findet sich beispielsweise eine fünfmalige Schildesteilung von Farbe und Metall in elf, eine sechsmalige Teilung in vier Fällen. Die durch das Vorkommen im Vorarlberger Landeswappen sowie im Stadtwappen von Feldkirch allgemein bekannte Darstellung der dreilätzigen Fahne ist insgesamt elfmal feststellbar. Schließlich wäre noch darauf hinzuweisen, daß selbstredend dieses Wappenbuch nicht von heraldischen Kuriositäten frei ist. Als eine solche Kuriosität ist das zweimalige Vorkommen eines großen menschlichen Kopfes bis zum Oberkiefer als Helmzier oder das Aufscheinen eines unbekleideten dem Beschauer zugewendeten menschlichen Fußes mit vier (!) mit krallenförmigen Nägeln versehenen Zehen anzusehen.