Leo Santifaller: Ergänzungsband 2/1. Festschrift zur Feier des 200 jährigen Bestandes des HHStA 2 Bände (1949)
I. Archiv-Wissenschaften - 10. Tihamér Vanyó (Pannonhalma): Das Archiv der Konsistorialkongregation in Rom und die kirchlichen Zustände Ungarns in der 2. Hälfte des 18. Jahrhunderts
176 Vany ó, Graf Christoph von Migazzi, Kardinal-Erzbischof von Wien (1757 bis 1803), gehörte als Bischof (1756—57), später als Administrator von Vác (1762—86) zu gleicher Zeit auch zum ungarischen Episkopat. Er war der schärfste und kampflustigste Gegner der Wiener freimaurerischen, jansenistischen und aufklärerischen Kreise, besonders aber der Verordnungen Josephs II. Ein ausgezeichneter Bannerträger, der im österreichischen Klerus leider nur wenige Nachfolger fand. Die diplomatischen Fähigkeiten und die bezaubernden Manieren Batthyánys besaß er nicht. Sein selbstloser, zielbewußter und wohlmeinender grundsätzlicher Kampf wurde zur Zielscheibe von Schmähschriften und ununterbrochenen Angriffen, so daß sein öffentliches Wirken leider von wenig sichtbarem Erfolg begleitet war. Seine zwecks der Unterstützung kirchlicher Einrichtungen entfaltete Opferwilligkeit ist außerordentlich bedeutend. Auf das Bistum und die Stadt Vác verwandte er über 600.000 Gulden. In seinem Vácer Prüfungsprozeß hebt einer der Zeugen, Franz Herzan, der spätere Kardinal und große Josephinist, besonders seine kanzelrednerische Begabung hervor: ,,Populus summopere laetatur videntem ipsum et audientem concionantem et catechisantem1).“ Der Ernst, die Weisheit und der Wirklichkeitssinn des Grafen Karl Eszterházy erfreuen sich laut der vor seiner Vácer Bischofsernennung durchgeführten Prüfung überall eines großen Ruhmes. Wirklich Großes schuf er aber während seiner langen Regierung als Bischof von Eger (1762—99). In der anläßlich seiner Versetzung veranstalteten Prüfung heben die Zeugenaussagen seine vorzügliche natürliche Begabung, den seelsorglichen Eifer, die Bemühungen zur Belehrung der Protestanten und die Achtung seiner Person bei Hof hervor. Das größte Lob wird aber über seinen sittlichen Charakter ausgesprochen: ,,Dedit pietatis, caritatis et prudentiae in gubernando specimen, ac verbo et exemplo profuit, adeo ut communi eorum, qui ipsum noscunt, opinione habetur pro speculo sacerdotum Hungáriáé. ... ab omnibus habeatur tamquam speculum episcoporum.“ Nach Garampis Bericht gilt er in jeder Hinsicht als musterhaft und eifrig. Er schreibt und redet, ohne zu schmeicheln. Seine Treue zur Kirche ist ergreifend. Seitens der Politiker wird er deshalb für bigott gehalten. Ignaz Aurel Fessler, der abtrünnige Kapuziner, stellt ihm in seiner „Geschichte der Ungern und ihrer Landsassen“ ein prächtiges Denkmal: ,,Er hörte ihn predigen, sah ihn im Beichtstuhl sitzen und lernte an dieses treuen Hirten Beyspiel die zwey Episteln Pauli an Timotheus gründlich verstehen.“ Durch viele, teilweise prächtige Bauten von Kirchen, Pfarreien, großartigen wissenschaftlichen Instituten sind seine außerordentlich großen Verdienste auch noch heute lebendig 2). Baron Adam Patachich, den Bischof von Nagyvárad (1759—76) und späteren Erzbischof von Kalocsa (1776—84), hielt die öffentliche Meinung des Landes für den gelehrtesten Prälaten. Die altklassische Dichtung hat er bevorzugt und auch selbst gepflegt. Als großer Buchfreund brachte er nach Kalocsa 17.000 Bände mit. Garampi fand viel Vergnügen an seiner Freundschaft. Er nennt ihn einen musterhaft lebenden, gebildeten, äußerst pflichtgetreuen und dem Heiligen Stuhl sehr ergebenen Mann 3). Ein Mann des Geistes und Liebhaber der Wissenschaften war auch Georg Klimó, Bischof von Pécs (1751—77). Mit 15.000 Bänden legt er den Grund der bischöflichen x) Mitrofanov II. 736—41. — Garampi über ihn: „II Cardinal Migazzi paria e serivé con petto sacerdotale, ma é in rótta col Ministero, e con tutti quelli che qui passano per antigesuiti; e qualche eccezione o difetto personale che gl’imputano rende vani tutti i suoi conati.“ (Tóth, a. a. O. 17.) — Perémy, a. a. O. 31, 122. — Proc. Bd. 150 (1761), 564 b. 2) Proc. Bd. 149 (1759), 720 a. — Proc. Bd. 150 (1761), 26 b, 29 a, 30 a. — Tóth a. a. O. 20. — Marczali, a. a. O. I. 287—88, II. 180, 156—57. — Fessler, a. a. O. Bd. X, 1825. 324. — Galáthai Gróf Eszterházy Károly egri püspök emlékének ünneplése. Eger, 1926. 3) Proc. Bd. 170 (1776), 197 a: ,,.. . communi opinione habeatur pro doctissimo episcopo“, 199 a: „Scientiae et eruditionis magnae virum expertus sum, quemadmodum palam omnibus constat.“ — Winkler Pál: A kalocsai és bácsi érsekség. Kalocsa, 1926. 40—41 (Geschichte des Erzbistums von Kalocsa-Bács). — Tóth, a. a. O. 20.