Életünk, 2002 (40. évfolyam, 1-12. szám)

2002 / 11-12. szám - Írottkő Stúdió

ÍROTTKŐ STÚDIÓ III Meine sehr verehrten Damen und Herren! Ich darf Sie recht herzlich begrüssen zu dieser Lesung, die unser Projekt abschliesst und die in den Workshops durchgeführte Arbeit präsentiert. Gestatten Sie mir bitte, über Ferenc Faludi, einen Dichter aus dem Komität Vas, einen Meister der ungarischen Literatur zu erzählen. Faludi erblickte das Licht der Welt im Jahre 1704 in Németújvár. Er studierte in Kőszeg und wurde Jesuit. Er war Universitätsprofessor in Graz, Pozsony, Becs und Nagyszombat, unterrichtete im Pasmaneum in Bécs, und als Seelenhirt diente er in Pest und Rom seiner Kirche - in seinem vorgerückten Alter lebte er in Rohonc, wo er 1779 verstarb. Und jetz erlauben Sie mir über einen im Burgenland geborenen österreichischen Dichter, Franz Faludi zu erzählen. Franz Faludi wurde in Güssing geboren, studierte in Güns, wurde Je­suit, war Universitätsprofessor in Graz, Wien und Bratislawa, unterrichtete in Wien, dem Pasma­neum, und diente als Seelenhirt in Pest und Rom seiner Kirche - im vorgerückten Alter lebte er in Reclmitz, wo er 1779 verstarb. Die zwei Dichter sind ein und derselbe. Ob wir von Franz Faludi oder Faludi Ferenc, von Güssing oder Németújvár, Rechnitz oder Rohonc sprechen, hängt allein davon ab, auf welcher Seite der österreichischen Grenze wir stehen, ln Rechnitz, dem in der Fortsetzung der Faludigasse verborgenen Faludital, oder in der Faludi Ferenc utca in Szombathely, oder vielleicht im Faludi Ferenc Kulturzentrum in Körmend. Die Gestalt und das Werk des im 18. Jahrhundert gelebten Ferenc Faludi sind gemeinsame Teile der Vergangenheit, Tradition und Kultur der beiden Länder. Pater Faludi sitzt nun also da oben im Himmel und schaut verständnislos auf uns herunter. Schon das ganze 20. Jahrhundert erfüllte ihn mit Schreck, und er beobachtete verblüfft und traurig, wie unsere einheitliche Kultur durch Grenzen, ideologische eiserne Vorhänge aufgeteilt wurde. Und heute, am 24. Juni 2002 hört er völlig überrascht, dass die ungarische Literatur in Wien - aber auch die österreichische Literatur in Budapest - einer Vorstellung bedarf. Ich lebe mit meiner Familie in Kőszeg. Ich schaue jeden Tag auf den Gipfel Geschriebenstein, das Wahrzeichen der Stadt hinauf. Er könnte mit seinem Aussichtsturm vielleicht das Emblem des Schicksals der einstigen, selbstverständlicher Weise gemeinsamen Kultur. Die österreichisch­ungarische Grenze schneidet den Aussichtsturm des Irottkő entzwei. Der eine Teil des Gebäudes fällt auf österreichisches, der andere Teil aut ungarisches Gebiet. Trotzdem ist das Bauwerk eins, es ist statisch nicht zu trennen. Ja, wir können also auch hinsichtlich der Kultur etwas Gleiches fühlen. Die zwei Nach­barvölker verfügen offensichtlich über eine selbstständige, eigene Kultur, aber diese zwei selbstständigen Kulturen sind - trotz des zeitweise grotesken Spiels der Geschichte - an zahlreichen Punkten verbunden. Diese Verbindung der zwei Nachbarkulturen entspringt also der fernen Vergangenheit - und hoffentlich können wir auch in der Zukunft noch lange darüber sprechen. Dazu tragen Projekte des ÖKS wie dieses und die Lesung heute abend bei. Danke für Ihre Aufmerksamkeit!

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