Szilágyi András (szerk.): Ars Decorativa 25. (Budapest, 2007)

Ágnes PRÉKOPA: Die Anfänge der Disziplin Geschichte des Kunstgewerbes und die Geschmacksbildung

ÁGNES PRÉKOPA DIE ANFÄNGE DER DISZIPLIN GESCHICHTE DES KUNSTGEWERBES UND DIE GESCHMACKSBILDUNG Innerhalb der Geschichte der Museen bilden die Kunstgewerbemuseen ein eigenartiges Kapitel. Im Gegensatz zu den privaten Kunstsammlungen, die nach Jahrhunderte langem Wachstum unter verschiedenen Umständen der Öffentlichkeit zugänglich gemacht wurden, verdanken die Kunstgewer­bemuseen ihre Entstehung einer didaktischen Konzeption, der Absicht der Geschmacks­bildung: Sie wurden seit Mitte des 19. Jahrhunderts, genauer seit der Gründung des South Kensington Museum im Jahr 1852, der Reihe nach ins Leben gerufen. Das Vorhaben verfolgte ein doppeltes Ziel: nicht nur die Ausstellungsbesucher, d. h. die Gebraucher der Gegenstände, sondern - wenn möglich mit noch größerem Nachdruck - auch die Hersteller dieser Objekte, d. h. die Hand­werker zu bilden. Die Exponate in den Kunst­gewerbemuseen dienten also vor allem als Anschauungsmaterial zum Unterricht und nur in zweiter Lime als ästhetische Objekte zur Ergötzung des Publikums. In Verbindung mit den Kunstgewerbe-Sammlungen wurde auch die Bildung von Kunsthandwerkern ein- geieitet, wobei Museum und Kunstgewer­beschule vielfach auch als Institutionen ver­eint waren, wie z. B. in Berlin, Zürich, Wien und Budapest. Eine ähnliche didaktische Absicht rief auch die ersten zusammenfassenden Publika­tionen zum Thema Kunstgewerbe ins Leben. Im allgemeinen läßt sich sagen, daß die Geschichte der bildenden Künste - wie auch der Literatur und der Musik - anhand der qualitätvollsten Werke herausragender Künst­ler geschrieben wurde, während sich in einer Übersicht über die Geschichte des Kunst­gewerbes zahlreiche, gattungsspezifische Probleme ergaben. Die Objekte waren bei ihrer Herstellung mehrheitlich nicht als Kunstwerke gemeint, und sie wurden auch nicht unbedingt wegen ihres künstlerischen Wertes, sondern vielmehr wegen ihrer Funk­tion über Jahrhunderte hindurch bewahrt, und aus demselben Grunde sind auch die Namen ihrer Hersteller nur zu einem gerin­gen Prozent bekannt. Der überlieferte Bestand bildet den Rahmen des Alltagslebens, und seine Quantität ist - im Vergleich zu den Werken der bildenden Künste - unüber­schaubar groß. Das eigenartigste Paradox der Bewertung dieses Bereichs bestand dann, daß in der Ausbildung der Handwerker, die diese Gegenstände zustande brachten, die Vor­studien, die zur Feststellung des künst­lerischen Wertes der einzelnen Stücke nötig gewesen wären, gar nicht enthalten waren. Diese Erkenntnis führte seinerzeit zur Grün­dung der Kunstgewerbemuseen und der auf solche Themen spezialisierten Schulen. Damit die Interessenten - und die Handwerker, die Hersteller dieser Objekte - in der Flut der alltäglichen Gebrauchsgegenstände, der Prunkgegenstände und der sakralen Objekte die qualitätvollen Kunstwerke erkennen konnten, waren neben der Erweiterung der Materialkenntnisse auch Schriften und Vorträge nötig, die die grundsätzlichen Kriterien des Geschmacks definierten und zusammenfaßten. Schon der Weg, der zur „Entdeckung“ des Kunstgewerbes hinführte, 147

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