O. G. Dely szerk.: Vertebrata Hungarica 21. (Budapest, 1982)
Böhme, W.: Das Problem der Hierarchie innerartlicher Gruppierungen 47-54. o.
1. die Unterart auch als zeitliches Phänomen aufgefasst wurde, und 2. zwischen zwei hierarchisch verschiedenen innerartlichen Gruppierungen differenziert wird, nämlich der Lokalpopulation und der Unterart. Diese fortschrittlichen zwei Punkte sind leider in M AYR' s späteren Arbeiten verlorengegangen; die Begriffe Lokalpopulation und Unterart werden (z.B. MAYR 1975: 129) vermengt und schliesslich damit implicite auch gleichgesetzt (vgl. BÖHME 1978: 264). Es ist nötig, zum Verständnis des Folgenden schon Gesagtes zu rekapitulieren. Ich habe also versucht, beeinflusst von den theoretischen Erörterungen zum Subspezies-Problem bei PETERS (1964), das räumliche Unterart-Konzept wieder um die historische Dimension zu erweitern und im Einklang mit TIMOFEJEV-RESSOVSKY, JABLOKOV und GLOTOV (1977: 197) "als Artbildung diejenigen Prozesse (zu) bezeichnen, die zur Entstehung einer ständigen reproduktiven biologischen Isolation zwischen zwei (oder mehr) divergierenden Formen führen". Ich suche also dort nach dem Wesen der Unterart, wo sich innerartlich eine solche divergierende Entwicklung anbahnt. Demzufolge habe ich auch versucht, ein Phylogramm zu entwerfen, das beide Dimensionen, nämlich die räumliche und die zeitliche, ausdrückt (vgl. die Erläuterungen hierzu bei BÖHME 1978: 258, Abb. 1). Bei der Frage, welche Merkmale nun eine solche erfolgte Divergenz anzeigen, vertrat und vertrete ich die Meinung, dass physiologische und ökologische Merkmale morphologischen häufig überlegen sind, da sie für das Tier selbst oft eine weitaus essentiellere Bedeutung haben. Dabei stiess ich auf eine konstante, reale Gesetzmässigkeit, nämlich das KÜHNELT'sche Prinzip der regionalen Stenözie, das sich bei weitverbreiteten Festlandsarten als Parameter und Anzeiger erfolgter Divergenz gut eignet (BÖHME 1978). Ich habe aber (I.e.) einräumen müssen, dass dieses Konzept bei Inselformen im allgemeinen versagt, obwohl gerade die Problematik der Inselformen der europäischen Herpetologie die kompliziertesten systematischen und taxonomischen Aufgaben stellt. Das Problem einer allgemein gültigen Unterart-Konzeption bleibt daher nach wie vor ein Desiderat. BEISPIELE REIN TYPOLOGISCH AUFGETEILTER REPTILIENARTEN Dennoch treten nach dem bisher Gesagten so eklatante Widersinnigkeiten in der taxonomischen Konzeption vieler Arten auf, dass eine wenn auch nur leichte Verbesserung der Situation schon als Fortschritt erscheint. Dies betrifft vor allem Formen, die über Festlandsgebiete und Archipele verbreitet sind. Hier herrscht gewöhnlich die grösste Variation und Heterogeneität, was den hierarchischen Rang der einzelnen Populationen bzw. Populationsgruppen innerhalb derselben Art angeht. Beispiele geradezu absurder Unterartgliederungen im Mittelmeerbereich sind: - Hemidactylus turcicus : Von Spanien und Marokko bis in den Nahen Osten hinein werden alle Populationen der Nominatform zugerechnet (MERTENS & WERMUTH 1960: 79, SALVADOR 1981: 99). Nur auf der Insel Addaya Grande, einem Eiland vor der Küste der Baleareninsel Menorca, lebt H.t. spinali s als einzige weitere Unterart. Das heisst, Tiere aus Spanien, Syrien und Menorca werden derselben Unterart zugeschlagen, während die Population des einen Steinwurf von Menorca entfernten Addaya Grande-Eilands einer anderen zugehören sollen! - Psammodromus algirus : Eine neue Bearbeitung hat gezeigt, dass die nominellen Unterarten ketamensi s und nolll i Zeichnungsphasen sind, weshalb die Populationen Nordwestafrikas, der Iberischen Halbinsel und Südfrankreichs unterartgleich sind (BÖHME 1981 b). Dies Areal schliesst unter anderem auch den Galita-Archipel vor der Nordküste Tunesiens ein, wo nur auf einer der Inseln, nämlich Galitone, der melanistische P.a. doria e lebt, der deswegen als Unterart Nummer zwei betrachtet wird. - Vielleicht noch extremer ist das Beispiel Natrix tessellata : Diese Schlange ist vom Rheinland (Bundesrepublik Deutschland) bis weit nach Zentralasien hinein verbreitet, im Südosten bis Pakistan, und wird als monotypisch angesehen. Nur auf einer kleinen Insel im Schwarzen Meer vor der Küste Bulgariens lebt N.t. heinroth l. wiederum ein Schwärzling. An diesen Beispielen, die sich ohne Schwierigkeit vermehren Hessen, wird deutlich, dass hier Lokalpopulationen (! ! ), durch Gendrift-Effekte typologisch verändert, weit überbewertet worden sind und in keiner Weise mit echt divergenten Festlandsunterarten, z.B. denen von Lacerta agili s , verglichen werden können. Sie stellen ein hierarchisch verschiedenes Grupp en-Niveau dar! Als Beispiele von Arten, die wirklich eingehend in ihrer innerartlichen Variation untersucht, d.h. wirklich revidiert sind, nenne ich hier: 1. Die orientalischen Populationen von Lacerta trllineat a als Beispiel einer Festlandsart (PETERS 1964), wobei ich die instruktive Graphik der tatsächlichen hierarchischen Beziehungen innerhalb der orientalischen Populationen dieser Art hier nochmals abbilde (Abb 1), sowie
