Buza Péter - Gadányi György: Kopf Hoch! - Unser Budapest (Budapest, 1998)

VI., Andrássy út 83-85 Kálmán Tafler - es gibt sogar zwei Bürger dieses Namens aus kinderreichen Familien, die in der Budapester Király utca ihre Karriere begannen und mit Naturalienhandel und .Wucher“ ein Vermögen erwarben - frönte einer besonde­ren Leidenschaft. Er sammelte Eckhäuser - und nicht Rän­ge, Titel, Vorstandsmitgliedschaften, Bankdirektorposten, oder Rollen als Stadtvater. Eigentlich nahm er an keinerlei gesellschaftlichen Bewegungen teil. Deshalb gerät auch der­jenige in Verlegenheit, der nun mehr als hundert Jahre spä­ter versucht, sich zwischen den Taflern beziehungsweise zu­mindest zwischen den Personen und Immobilien der bei­den Kálmáns zurechtzufinden. Denn beide hatten sich kon­sequent und in Übereinstimmung in den Adreßbüchern der Hauptstadt einfach nur als Hausbesitzer verzeichnen lassen. Natürlich war das auch ein Rang, setzte ein sicheres Auskommen, ein beträchtliches Vermögen voraus. Die einzige Möglichkeit zur ünterscheidung der beiden Kálmáns (Vater und Sohn?) bietet der ümstand, daß die Ehefrau des einen Berta Engel, die des anderen Karolin Eh­renfeld war und daß sie einige Häuser gemeinsam mit der Partnerin ihres Lebens besaßen. Dieses hier, am Körönd (Rundplatz), baute jener Kálmán Tafler, der dann, als es fertig war, 1882 mit Berta gemeinsam als Eigentümer ein­getragen wurde, ünd natürlich ist auch dieses ein Eck­haus, und zwar im zwei-, sogar im dreifachen Sinne. Es kann genauso zum Kodály körönd wie auch zur Andrássy út oder zur Felsőerdősor gezählt werden. Es ist ein stolzer, großer Palast mit hundert Wohnungen. Das vielleicht schmuckvollste Stück unter den vier Gebäuden, die den kleinen Platz durch ihre Plazierung und architektonische Gestaltung zu einem runden Platz werden lassen, wirkt bei der Betrachtung der besonderen Bauformen eher über­trieben. Der Architekt József Kauser, von dem der Entwurf stammt, betonte hier, wie auch bei der St.-Stephan-Ba­silika, deren Fertigstellung mit seinem Namen verbunden ist, seine Vorliebe für historische Baustile, für die kunst­vollen, doch eigentlich funktionslosen Detaillösungen des Klassizismus und der Renaissance, für zierliche Türmchen und reich gegliederte Turmaufbauten. Sicher war diese Art von architektonischem Schmuck nicht gegen den Willen des Auftraggebers. Denn irgendwo mußten sich die Ambitionen zeigen. Wenigstens darin, daß Kálmán Tafler, Jahre hindurch der beste Steuerzahler der Stadt, nicht nur ein rundes Dutzend Häuser besaß, sondern auch das schönste Haus. 6

Next

/
Oldalképek
Tartalom