Prakfalvi Endre: Sozialistischer Realismus. Architektur in Budapest 1945-1959 - Unser Budapest (Budapest, 1999)

nach der Ausstellung die „wissenschaftlich zurückgeblie­benen“ Professoren der Technischen Universität an, so auch den kurz darauf entlassenen Iván Kotsis, „der die Stu­denten zur Planung vergangener Architekturformen zwingt“. Die „echte Satire dieser Angelegenheit kam je­doch erst danach“, schreibt Kotsis in seiner Autobiogra­phie, „die bolschewistische Regierung begann die zeitge­mäße Auffassung in der Architektur zu verfolgen, und die »vergangenen Architekturformen« wurden amtlich, noch dazu ihre asiatische Variante“. Kotsis charakterisierte diese Jahre mit einem bitteren Beigeschmack: „Diejenigen, die ihrer Überzeugung treu blieben, wurden bald von der kom­munistischen Herrschaft ausgeschaltet, so konnten sie sich nicht am Wiederaufbau beteiligen, diejenigen aber, die sich dem Bolschewismus unterwarfen, waren eo ipso für das Vaterland verloren, denn neben bolschewistischen Methoden kann man keine schöpferische Arbeit leisten.“ Mit dem Inkrafttreten des XXVI. Gesetzes aus dem Jahr 1949 wurde am ersten Januar 1950 „ein jahrzehntelanger Traum der Werktätigen wahr“, das Parlament der Volks­republik schuf die administrative Einheit von Budapest und den die Hauptstadt umgebenden Städten und Ge­meinden: so entstand Groß-Budapest. Nun konnte von neuem von 1950 an die neue Aufgabe mit der Weiterent­wicklung der bisherigen „Skizzen“ in Angriff genommen werden: die systemspezifische Regulierung. Es wurde auch eine Grenzlinie gezogen: der (üm)Bau des neuen Buda­pest als Hauptstadt einer proletarischen Diktatur war voll­endet, die Schaffung einer Hauptstadt auf dem Weg zum Sozialismus konnte beginnen. Das Politbüro legte im November 1951 in einem Be­schluß seine Erwartungen fest. Sie bestimmten auch das Ziel des Regulierungsplans, der innerhalb eines Jahres an­zufertigen war: die Stadtstruktur, die sich im Laufe der Ge­schichte herausgebildet hatte, sollte bewahrt werden, das System von Ring- und Radialstraßen mit dem Sztálin tér als Zentrum sollte die fortschrittlichen Traditionen zur Gel­tung bringen und es sollte eine blühende, sozialistische Hauptstadt geschaffen werden. Für das geplante zwölf­jährige Programm wurden 23 Milliarden Forint veran­schlagt: für den Verkehr neun, den Wohnungsbau sechs, für die Entwicklung des Straßennetzes dreieinhalb, für Grünanlagen zweieinhalb sowie für die Entwicklung der öf­fentlichen Werke (Gas, Strom, Wasser, Abwasser) zwei Mil­liarden Forint. Die neue Macht, die sich selbst als historisches Novum bezeichnete, beeinflußte solcherart die Stadt (und das 32

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