Gábor Eszter: Budapester Villen - Unser Budapest (Budapest, 1997)

leicht auch um einen entsprechenden Übergang von den geschlossen bebauten Stadtteilen zum Stadtwälchen hin zu schaffen, wurden die Baugrundstücke hier kleiner be­messen: an der Andrássy út drei bis vierhundert Quadrat­klafter, in den Nebenstraßen kleiner als dreihundert Qua­dratklafter. (Eine Ausnahme bildeten drei 500 Quadratklaf­ter überschreitende Grundstücke.) Auf viel kleineren Grund als die früheren Villen wurden die bürgerlichen Villen ge­baut, die als ständiger Wohnsitz dienten, also viele Wohn- und Nebenräume und kompletten Komfort beanspruchten. Als Musterbeispiel der bürgerlichen Villa gilt die von Gottfried Semper 1838 erbaute Dresdener Villa Rosa. Das geometrische Zentrum der Villa bildete ein zweigeschos­siger, achteckiger, von einer Kuppel bedeckter Saal - ge­nau wie bei Palladios Villa Rotonda. Dieser Saal war nicht als Durchgang bestimmt, er verfügte weder über Treppen noch über eine Galerie; oben im Stock öffneten sich vier kleine Baikone in den Raum, die ebenfalls eher eine deko­rative, als eine funktionelle Rolle spielten. In dieser frühen Semper-Villa können wir einen Adaptierungsversuch der Raumkomposition des Renaissance-Vorbildes sehen. Die Raumverbindungen wurden später eher den Räumlich­keitsansprüchen der bürgerlichen Lebensweise angepaßt und nicht den mathematisch gebundenen Renaissance-Vor­bildern. (Die Renaissance-Formen wurden mehr und mehr nur äußerlich angewendet, zuerst noch bei der Gestaltung des Ganzen, später nur noch bei der Fassadenformulie­rung.) In der Villa Rosa gab es außer dem schon erwähn­ten zweigeschossigen Salon im Erdgeschoß eine Vorhalle, einen Gartensalon, ein Speisezimmer und ein Herrenzim­mer - durch einige Nebenräumlichkeiten ergänzt. Im er­sten Stock befanden sich ein Vorraum, ein Spielzimmer und zu beiden Seiten insgesamt sieben Wohn- und Schlafzim­mer. Die Küche sowie die dazugehörigen Räumlichkeiten waren im Souterrain. In den Jahrzehnten vor der Jahrhundertwende kann die­se Aufteilung der Villen - die Wirtschaftsräume im Souter­rain, die öffentliche, repräsentative Sphäre im Erdgeschoß, die intime Sphäre, die inneren Räumlichkeiten der Familie im ersten Stock - als allgemein für ganz Europa betrachtet werden. Es gilt als seltene Ausnahme die Küche vielleicht im Erdgeschoß, oder da vielleicht auch ein Schlafzimmer zu haben. Zu Beginn des baulichen Aufschwungs Budapests in den 1870/80er Jahren wurden die ersten bürgerlichen Vil­len ebenfalls nach dieser Regel gebaut - wenn die Gebäu­de auch bescheidenere Maße aufwiesen, ln der 1873 er­14

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