Pongrácz Erzsébet: Budapester Kinos - Unser Budapest (Budapest, 1998)

Was macht das Kino zum Kino? Also, man braucht einen Saal, sei er auch noch so klein. Darin einige bequeme Ses­sel oder auch Bänke. Des weiteren einige technische Ein­richtungen, eine Filmleinwand, etwas Musik und natürlich den Filmstreifen, auf welchem das Wunder abrollt... Am 29. April 1896 konnten die Besucher im Winter­garten des Cafés im Somossy Orpheum (heute Operetten­theater) Zeugen eines wichtiges Ereignisses sein: es war der Tag der ersten Lichtspielvorführung in Ungarn. (Nicht ganz, weil es schon vorher eine solche Vorführung in der Waitzner Gasse (Váci utca) gegeben hatte. Da waren näm­lich - nur ein einziges Mal - auf einer Häuserwand kurze Filmszenen sichtbar geworden.) Kaum zwei Monate später, am 22. Juni, führten dann die Gebrüder Sziklay in einem umgebauten Geschäftsraum an der Sugár út (heute And- rássy út), wo jetzt die Bierstube Adám steht, das neue Wunder ein. Mit der von der Firma Lumiere gekauften Ein­richtung und der neuerworbenen Erlaubnis für „photogra­phische Vorführungen“ eröffneten sie ihr kurzlebiges Kino „Ikonograf“. Den vom Millennium-Fieber erfaßten üngarn wollten sie durch das Festhalten eines echten ungarischen Ereignisses eine Freude machen: sie zogen mit ihrer Ka­mera ins Stadtwäldchen, wo eben Kaiser Franz Joseph ei­nen feierlichen Spaziergang unternahm. Leider hatten die Sziklay Brüder kein Glück: das Publikum an der Andrássy út interessierten die photographischen Vorstellungen des Ikonograf-Kinos nicht; die Hand des ersten ungarischen „Dokumentarfilmers“ zitterte außerdem vor Aufregung so sehr, daß der Kaiser auf dem Film ohne Kopf verewigt wur­de. Damit hatte die Kino-Karriere von Arnold und Zsig- mond Sziklay auch ein Ende - das Pester Kino ging je­doch, wenn auch stolpernd, weiter. Wenn sich auch die Welt der Elite nicht dafür interessierte, so fand es doch schnell seinen Weg in die lärmende Welt der Pester Kaffee­häuser. Eine Tasse Kaffee, Kino, Zigarrenrauch Am Pester Großen Ring (Nagykörút), auf der Rákóczi út und Umgebung wurden die neben Kaffee und Bier ser­vierten komischen kleinen Filmszenen vom Publikum mit 5

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