Zádor Anna: Das klassizistische Pest - Unser Budapest (Budapest, 1993)
Gyürky-Haus (Apáczai Csere J. u. 5.) stammt ebenfalls von Hofrichter (1813). Das dreistöckige, neunfenstrige Gebäude zeigt eine solche Fülle von Bauplastik, die im damaligen Pest ungewöhnlich war. Die Pfeiler des Erdgeschosses, das Feld über dem Eingangstor und der Schlußstein sind mit allegorischen Reliefs geziert, die alle aus der Werkstatt des vielbeschäftigten Lőrinc Du- naiszky (1784-1833) stammen, die meisten sind auch heute noch zu sehen. Das schönste und auch hinsichtlich seiner Größe herausragende Gebäude dieser Reihe ist jenes Mietshaus, das 1821/22 von Mihály Pollack für den Eisenhändler Wurm errichtet wurde (Apáczai Csere J. u. 15.). Es wurde 1867 von József Diescher (1811-1874) um zwei Geschosse erhöht. Die achtzehnfenstrigen Fassaden an der Apáczai Csere János utca und der Dorottya utca sind mit der Bauplastik von József Huber geziert. Die originale Attika zeigt die liegenden allegorischen Statuen des Handels und der Industrie. Auch die Eingangshalle der zwei Eingangstore, der Hof und das gesamte Gebäude strahlen eine anspruchsvolle Sorgfalt aus. Da die erstrangige Bauplastik in Pest sehr selten war, müssen wir die reiche plastische Dekoration des Wurm-Hauses besonders hervorheben. im allgemeinen waren diese Gebäude nicht verziert. Die Tore und Fenster sind aber mit Steinrahmen versehen, die Fenster oft von Tympana gekrönt, und die Schlußsteine über den Toren stellen Masken oder klassische Gottheiten dar. Die Allegorien stammen meistens aus der griechischen Mythologie, da das Vorbild des Klassizismus die Antike war. Diese Häuser beweisen auch, wie wichtig die Schönheit und sorgfältige Ausbildung des Gebäudes für den aufstrebenden Bürger war. Wenn wir ein bißchen weiter in die Stadt Vordringen, finden wir zwischen der Petőfi Sándor utca und Városház utca eines des berühmtesten Gebäude der Epoche, das zweihöfige Trattner-Haus, das 1832 für den Buchhändler und Typographen von József Hild errichtet wurde. Der Flügel an der Városház utca wurde 1835/36 ebenfalls von Hild ausgebildet, der das Gebäude 1847 noch aufstockte. Alle Details des Hauses, die Eingangshalle, die Treppenhäuser, die Eisengitter der Korridore, loben die anspruchsvolle Sorgfältigkeit der Epoche. Es ist deshalb nicht erstaunlich, daß das Haus immer Institutionen und Bewohnern von Rang ein Heim bot; von 1833 bis 1863 residierte hier auch die üngarische Akademie der Wissenschaften, ln den Höfen des Tratt- ner-Hauses gibt es auch heute mehrere Werkstätten, 44