Zádor Anna: Das klassizistische Pest - Unser Budapest (Budapest, 1993)

Die Epoche, deren Pester Stadtbild wir wiedererwecken wollen, umspannt die ersten vier Jahrzente des 19. Jahrhunderts. Wer heute durch die mit Menschen und Fahrzeugen gefüllten Straßen von Pest geht, glaubt kaum, daß diese Stadt vor anderthalb Jahrhunderten noch still und familiär war. Obwohl diese Periode eine Phase intensivster Ent­wicklung im Leben von Pest und des ganzen Landes bedeutete - sowohl in politischer und gesellschaftlicher als auch in kultureller und ökonomischer Hinsicht -, die markanten Veränderungen fanden irgendwie innerhalb der Häuser statt, üm das zu verstehen, müssen wir ein wenig auf die früheren Perioden zurückblicken. Das heutige Budapest entstand aus der Vereinigung dreier Städte: aus Buda, das am rechten Donauufer, auf dem Burghügel und dessen Abhängen liegt; Óbuda, das nördlich davon auf einem Hügel erbaut wurde; und Pest am linken Donauufer, das vom letzten Drittel des 18. Jahrhunderts an - der Zeit, die das Zeitalter des Jose­phinismus, der Aufklärung oder des klassizisierenden Spätbarocks genannt wird - eine unglaublich rasche und reiche Entwicklung nahm. ln jener Periode wurde Buda zum Verwaltungs- und Regierungszentrum des Landes, und zu den zahlrei­chen Ämtern gehörten natürlich auch ein ausgedehn­tes Metz von Gewerbe und Handel. Die Bewohner der Stadt waren hauptsächlich von deutscher Herkunft. Óbuda war der Familienbesitz der Grafen Zichy, dort wohnten vor allem Bauer und Weinbauer von ziemlich gemischter Herkunft. Die Bevölkerung von Pest war in unserer Epoche überwiegend ungarisch. Schon seit der Mitte des 18. Jahrhunderts wurde die Stadt zum indu­striellen und ökonomischen Zentrum des Landes, was immer dringender die Frage einer Stadterweiterung aufwarf. EINE ZIELBEWCIJ3TE Stadtentwicklüng Die ersten Entwürfe des neuen Stadtteils, der nach dem Kaiser Lipótváros (Leopoldstadt) hieß, wurden im Jahre 1787 vom Baumeister József Jung verfertigt. Im Inter­esse der Erweiterung wurden vor allem die Stadttore, die den Verkehr behinderten, niedergerissen. Das Kecs­keméter Tor (am heutigen Kálvin tér) wurde 1795, das Hatvaner Tor (zwischen der Múzeum körút und der Magyar utca) 1803 demoliert. 3

Next

/
Oldalképek
Tartalom