Zádor Anna: Das klassizistische Pest - Unser Budapest (Budapest, 1993)

nos Hild errichtet wurde, erwies sich bald als zu eng. Der zweistöckige Flügel an der Semmelweis utca wurde von József Hofrichter (1779-1835) zwischen 1829 und 1832 gebaut. Dieser Flügel wurde ursprünglich als Wohnhaus geplant, und mit seiner ruhigen Gliederung und seinen kraftvollen Riesenpfeilern beweist er die ausgezeichneten Fähigkeiten des feinsinnigen Architek­ten. Besonders bemerkenswert sind die schönen Pro­portionen und die eindrucksvolle Raumgestaltung der zweiteiligen Vorhalle. Der wichtigste Flügel des Komi- tatshauses wurde aber nicht von ihm, sondern von Mátyás Zitterbarth dem Jüngeren (1803-1867) geplant und ausgeführt (1838-1841). Während der Planung bedeutete es eine besondere Schwierigkeit, daß die Straße verhältnißmäßig eng war. Die Vorschriften bestimmten eine gleiche Häuserreihe, so konnte der Architekt den vorspringenden Mittelrisalit des freistehenden Nationalmuseums von Pollack nicht nachahmen. Die Funktion des Gebäudes forderte aber eine augenfällige, betonte und ansehnliche Fassade. Zitterbarth löste die Frage ganz erfinderisch. Er glieder­te den siebenfenstrigen Mittelrisalit der Hauptfassade mit auffällig schlanken Riesensäulen, dahinter tritt die Wand der Fassade zurück, wodurch sich vor dem Ein­gang ein Erker ausbildet. Dank dieser individuellen Lösung kommt das Gebäude auch heute wirksam zur Geltung, obwohl es inzwischen von vielen mehrstöcki­gen Häusern umbaut wurde. Die eigenartige Fassadenbildung des Komitatshau- ses bedeutete, in Hinsicht der herrschenden Flächen- haftigkeit des Klassizismus, eine ganz neue, fast häreti­sche Lösung. Auch die durch das dreifache Tor zugäng­liche, durch Doppelsäulen in drei Schiffe geteilte Ein­gangshalle ist sehr schön gelungen. An die Halle schlie­ßen sich Arkaden an, die den Innenhof umrahmen. Links öffnet sich das rechteckige Treppenhaus. Das war eine klare und übersichtliche Anordnung, die der Zweckmäßigkeit und der Repräsentation gleicherma­ßen entsprach. Auch die Errichtung eines Rathauses von repräsenta­tivem Ausmaß und Aussehen wurde zu einer dringen­den Aufgabe. Diesen Auftrag übernahm Ferenc Kasse­lik (1795-1884), der dem Architekten Zitterbarth nicht nur darin glich, daß auch er aus einer berühmten Archi­tektenfamilie stammte, sondern auch darin, daß er - den ökonomischen Wandlungen entsprechend - eben­falls ein Bauunternehmer war. Allein in Pest suchte er um ungefähr vierhundert Baulizenzen an. 28

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