Zádor Anna: Das klassizistische Pest - Unser Budapest (Budapest, 1993)
zum Selbstbewußtsein erwachte ungarische Nation und der Wiener Hof gegenüber. Das Gebäude der Ludovika- Akademie am Ende der Üllői út wurde innerhalb kurzer Zeit, zwischen 1829 und 1836, nach den Entwürfen Pollacks errichtet. Sein heutiges Aussehen trägt Elemente der ümgestaltung und Dekoration von József Kauser aus dem Jahre 1880. Im Inneren zeigen nur die mit der Eintrittshalle beginnende Treppe und die Kapelle eine sorgfältigere innenarchitektonische Ausgestaltung. Auch der Festsaal im Obergeschoß kann in seiner ursprünglichen Form betrachtet werden. Wir müssen den Kampf erwähnen, den der Architekt sowohl hier als auch im Falle des Nationalmuseums im Interesse des „ersten ungarischen Bildhauers“, István Feren- czy geführt hatte, leider ohne Erfolg. Ob bei der Entscheidung nur die materielle Hinsicht ausschlaggebend war (da Franz tihrl hatte ein billigeres Angebot für das Altarkreuz der Kapelle und für die Reliefs des Treppenhauses eingereicht), oder auch die Sympathien Feren- czys mit den italienischen Karbonari eine Rolle spielten, ist heute schwer zu entscheiden. In jedem Fall war es schade, daß der erste wirklich begabte ungarische Bildhauer in dieser Epoche kaum würdige Aufgaben bekommen hat. Für den Garten und das Eisengitter des Nationalmuseums brauchte man lange Jahrzente, aber der Park der Ludovika, im Stil des sogenannten englischen Gartens geplant, wurde gleichzeitig mit dem Gebäude angelegt. Dieser Garten war nämlich unentbehrlich für den Unterricht als Stätte des Reitens und Exerzierens. Das Gebäude der Ludovika veranschaulicht gut die Tendenzen der Stadterweiterung und der Vergrößerung der Maße. Gleichzeitig beweist es, daß die Zentren, die die Entwicklung von Pest im letzten Drittel des 19. Jahrhunderts bestimmten, fast alle aus der Epoche des Klassizismus stammten. Auch die erstarkende Stadtverwaltung beanspruchte repräsentative Gebäude, ln dieser Epoche war die Errichtung der Komitatshäuser im ganzen Land in vollem Gange. Größtenteils wurden sie in klassizistischem Stil gebaut, da dieser damals für den echtesten Ausdruck des ungarischen Selbstbewußtseins und Geschmacks gehalten wurde. Das Pester Komitatshaus, dessen Äußeres glücklicherweise bis heute unverändert blieb, ist dafür ein besonders schönes Beispiel dafür. Das ursprüngliche, kleinere Komitatshaus, das auf dem von der Városház utca, Vármegye utca und Semmelweis utca begrenzten großen Grundstück von Já26