Kiss Katalin: Industrielle Baudenkmäler - Unser Budapest (Budapest, 1993)

Der Geschichte und Gegebenheiten wegen könnte die Industrieanlage zu komplexer kultureller und kom­merzieller Verwendung gelangen, wo der kommerzielle Gewinn die kulturellen Einrichtungen unterstützen wür­de. Das Technische Landesmuseum hat z. B. keine eigenen entsprechenden Räume, kann deshalb seine Sammlung auch nicht vergrößern. In diesen hallenarti­gen Gebäuden könnten Ausstellungen eröffnet werden, wo weltweit bekannte ungarische Ingenieure und deren Arbeiten die ihnen zukommende Ehrung erwiesen wür­de. Eine Ausstellung moderner technischer Produkte mit Verkauf könnte das Museum teilweise ergänzen und erhalten, ja es könnten sogar neue Ausstellungssäle entstehen. Soe könnte ein Massenabbruch der Gebäu­de verhindert werden, die funktionelle und architektoni­sche Einheit der Anlage erhalten, ja ergänzt werden. Kaum jemand weiß noch, daß auf der Westseite der Inselzunge, wo heute nur noch riesige Kräne stehen, die Erde ein interessantes Geheimnis birgt. Hier befand sich der Statthalterpalast der römischen Siedlung. Bei den Ausgrabungen gefundene Tontäfelchen, Altäre, Mosaike und Wandmalereien haben ergeben, daß der Palast in den ersten Jahrzehnten des 2. Jahrhunderts gebaut wurde, als Kaiser Hadrianus Statthalter Panno­niens war, und in den sechziger Jahren des 3. Jahrhun­derts aufgelassen wurde. Er hatte vier Bauperioden durchgemacht. Die Wichtigkeit des Palastes bestand darin, da_ß er direkt für den Statthalter der Provinz er­baut worden war, der die Regierungsmacht verkörperte, oberster Befehlshaber der dort stationierten Truppen war, über bürgerliche und strafrechtliche Befugnisse verfügte. Die funktionelle Bedeutung wurde auch von der Architektur, mit der Erfurcht erweckenden äußeren Erscheinung, den inneren Verzierungen und dem Kom­fort unterstricht. Der Innenraum war von reichen figurái und ornamental verzierten Mosaikböden bedeckt, die Überreste der schönen Wandmalereien werden größ­tenteils in den Lagerräumen des Budapester Geschicht­lichen Museums aufbewahrt. Die wichtigsten Räume, natürlich auch das Bad, waren mit Bodenbeheizung versehen. Die Abwässer wurden durch Kanäle entsorgt. Die Mauern waren außen verputzt und bemalt. Die Obudaer Schiffswerft, einer der interessantesten und bedeutendsten Schauplätze der ungarischen Indu­striegeschichte, steht heute traurig, leer und geplündert da. Uber das Schicksal der jahrhundertalten Räume und Gebäude wurde bisher noch nicht entschieden. 20

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