Kiss Katalin: Industrielle Baudenkmäler - Unser Budapest (Budapest, 1993)

Venedig erbaut, und zwar unter der Leitung des dorti­gen erfahrenen Direktors für Wasserwesen Pietro Pallo- capa. Der Bau der neuen Brücke veränderte auch die idyllische Erscheinung der Hajógyári-sziget. Die impo­santen Stapel hatte man abgetragen, damit am Brük- kenkopf genügend Platz zum Empfang von Kaiser Franz Joseph und dessen Begleitung wäre. In den 1860er Jahren gehört die Schiffswerft zu den größten Fabriken Europas, in ihren klassizistischen Gebäuden werden nahezu dreitausend Arbeiter beschäftigt. Zu der Zeit ist die Fabrik auch eine Sehenswürdigkeit für den Fremdenverkehr, die malerische Clmgebung lockt be­sondere Gäste auf die Insel: Franz Liszt und Hector Berlioz suchten mit ihrer Künstlergesellschaft auch die Insel auf. Die 1890er Jahre bedeuteten eine bedeutende quali­tative Veränderung im Leben der Werft. Es folgte die dritte Periode ihrer Entwicklung, die reichste bezüglich des Bauens und der technischen Entfaltung, welche bis zum Ersten Weltkrieg dauerte. Damals - um 1895 - wurde das östliche Kesselhaus im eklektischen Stil ge­baut, welches an die nördliche Ziegelgotik der Hanse­städte erinnert. Die Rohziegelfassade wird von ziegelge­rahmten Fenstern mit halbkreisförmigem Abschluß durchbrochen. Clnter der Giebelung befindet sich eine kreisförmige Keramikverzierung, das Emblem der Werft. Die Montierhalle wurde 1902 erbaut, im Inneren eine Gittersäulengalerie, außen Rohziegelbekleidung, der Mittelrisalit mit bogenförmigem Abschluß, oben das Entstehungsdatum: MCM1I. Der timbau des Direktions­gebäudes erfolgte auch zu Beginn des Jahrhunderts. Zwischen den beiden Weltkriegen wurde ein neues Kraftwerk in Betrieb gesetzt, bedeutende Gebäude wur­den jedoch nicht mehr gebaut. Erfolglos versuchte man durch den Bau eines neuen Strafen- und Bedienungs­netzes die alte Werft nach dem Bild einer modernen Industrieanlage des 20. Jahrhunderts umzubilden. So wie aus den kleinen Städtchen mit krummen Gassen keine Metropolis gezaubert werden kann, so wurde auch aus der alten, seit dem 19. Jahrhundert ständig sich langsam vergrößernden Schiffswerft mit chaoti­schen Werkstattreihen nie eine moderne, perfekt orga­nisierte Industrieanlage. Seit dem Zweiten Weltkrieg sind die Investitionen aufs Minimalste zurückgegangen, bedeutende technologi­sche Modernisierung hat nicht stattgefunden. Der siche­ren sowjetischen Bestellungen wegen war das auch gar nicht nötig. Die schockierende innere Veralterung der 18

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