Ferkai András: Moderne Gebäude - Unser Budapest (Budapest, 2009)

■ Die Vároimajorer Kirche vom Chor her, 1933 Heute können wir uns das kaum vorstellen, wie neuartig und ungewohnt die Värosmajorer Kirche zur Zeit ihrer Einweihung gewesen sein muss. Damals stand der italienische Kampanile noch nicht, es gab noch keinen Arkadengang, der sie mit der dörflichen kleinen Kirche (1922-25) von Aladár Árkay verband und sie hatte auch noch keine Steinverkleidung. Es war eine kubistische Komposition aus Blöcken mit grober Rohbeton-Oberfläche, die viel eher an die Plastiken (arhitekton) des Russen Malevitsch erinnerte, als an ein sakrales Gebäude. Der aufmerksame Be­trachter wird jedoch bemerken, dass die beiden über dem gebogenen Eingang auf­getürmten Scheite eigentlich das Pendant des westlichen Turmpaares sind, dass der den Chor betonende, hervorgehobene Block auch an den deutschen romanischen Domen zu finden ist, dass die Kuben der Seitenkapellen und der wechselnde Rhyth­mus der Glaswände dazwischen uns an das Stützpfeiler-System der Kathedrale von Albi oder der gotischen Katedralen erinnern. Bei dem durch Bleiglasfenster (Entwurf: Lili Sztehló Árkay) in prunkvolles Licht getauchten inneren Raum kommen nur wenigen die gotischen Kathedralen in den Sinn, nur eine einzige Schrift ewähnt die Kirche als „Budaer Sainte Chapelle". Die damaligen Kritiken verwendeten nur selten diese historischen Analogien, sie waren der Modernität der Kirche wegen aufge­bracht. Dies ist keine Kirche sondern eine „Gott-Fabrik”, eine „Garage Gottes" - spotteten die an den historisierenden Stil der zwanziger Jahre gewohnten Kritiker. Der Grundriss der Värosmajorer Kirche kann sogar traditionell genannt werden: Es ist eine dreischiffige Hallenkirche mit einem Chor über dem Eingang und erhöh­56

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