Ferkai András: Moderne Gebäude - Unser Budapest (Budapest, 2009)
Sein Ziel war, im Gegensatz zu den gewohnten Gerüst- oder Stützmauer-Systemen ein standardisierbares-industrialisierbares Konstruktionssystem zu entwickeln, welches mit Raum und Material viel sparsamer umging. Dazu verwendete er seine Erfindung des einige Zentimeter dicken „Schalenbetons", den er in eine drinbleibende Gips-Veschalung goss, wobei eine Wandoberfläche entstand, die keines Verputzes bedurfte. Aus den Schalen konstruierte er rechtwinklige Mauerstücke oder sogenannte Schrankpfeiler mit U-förmigem Grundriss, die viel weniger Platz einnahmen als die traditionellen Eisenbetonpfeiler und mit eingebauten Regalen auch als Möbel verwendet werden konnten. Auf die Schrankpfeiler stützten sich hohe Schalenbalken-Paare, welche den Raum für kleinere-größere Zwecke aufteilten. Die Decke kam in die oberste Ebene, so konnten die elektrischen und andere Leitungen gut zwischen den Balken-Paaren versteckt werden. Der Beschlag des Schalenbetons war ein dünnes Drahtnetz, welches vor Bindung des Betons gestrafft wurde. Aneinander wurden auch sämtliche Elemente der Tragekonstruktion gespannt - in waagerechter und senkrechter Richtung - so wurde die Standfestigkeit gesichert. Die Abdichtung des Flachdachs war ebenfall ganz originell: die flache Oberfläche wurde durch in Bitumenbahnen gelegte Glasplatten gegen das Regenwasser isoliert. In den letzten Kriegsjahren - zur Zeit der Flugangriffe und der Belagerung der Hauptstadt — war dies jedoch nicht sehr zielgemäß: der Lufdruck zerstörte es sehr bald. Die Technologie des Schalenbetons und die später „Zellenstruktur" genannte Tragekonstruktion bestanden jedoch die Probe: die Geschoße der Maschinengewehre und Kanonen durchdrangen das Haus ohne ernsteren Schaden anzurichten, oder die Standfestigkeit der Konstruktion gefährdet zu haben. Leider konnte dieses Konstruktionssystem sich nach dem Krieg nicht verbreiten. Beim Massenwohnungsbau hätte es eine Alternative zum teureren und unflexibleren Platten- bauten-System sein können, in der sowjetischen Interessensphäre war es jedoch unvorstellbar, dass ein lokal entwickeltes Bausystem, welches noch dazu sehr präzise Arbeit verlangte, angewendet würde, wenn Häuserfabriken aus der Sowjetunion gekauft werden konnten. In den sechziger-siebziger Jahren entdeckten junge Architekten die Konstruktionen von Sámsondi Kiss und verwendeten sie wenigsten in ihrer eigenen Praxis sehr konsequent. Professor Mihály Párkányi setzte sich auch für ihn ein und vor kurzem bemühte sich Péter Janesch die Welt auf den genialen Konstrukteur aufmerksam zu machen, als er 2004 sein Werk bei der Biennale von Venedig in den Mittelpunkt der ungarischen Ausstellung stellte. Noch einige Worte über die ebenfalls ungewöhnlichen Innenräume des Hauses in der Dayka Gábor utca. Der erste Stock ist sozusagen ein Raum: die Schrankpfeiler 28