Szegő Dóra - Szegő György: Synagogen - Unser Budapest (Budapest, 2004)

sein. Tatsache ist, daß das im 19. Jahrhundert aus den Gettos befreite euro­päische sephardische und aschkenasische Judentum den „orientalischen" Stil der westlichen Synagogenarchitektur herausbildete —all dies inmitten kompli­zierter kultisch-kultureller Wechselwirkungen. Diese Gebäude sind in Ungarn — und vor allem in Budapest - bis heute erhalten geblieben. Und sollten auch weiterhin erhalten bleiben - unter anderem auf dem Gebiet des alten Pester Judenviertels, welches ein Teil des Weltkulturerbes ist und ein revitalisiertes, lebendiges Stadtviertel bildet. Spuren des Budaer jüdischen Mittelalters Die Antezedenzen der Budapester jüdischen Baudenkmäler können in zwei, zeitlich voneinander weit entfernte Gruppen eingereiht werden. Schon nach der römischen Besetzung Judeas im 1. Jahrhundert u. Z. können Spuren der in den folgenden Jahrhunderten entstandenen Diaspora der Antike auf dem damaligen Gebiet des heutigen Ungarn nachgewiesen werden. Historikern zufolge sollen fast ein Jahrtausend später, zur Zeit der Völkerwanderung, magyarische Stämme eine zeitlang zum Chasarenreich gehört haben, d. h. im Umfeld des Judaismus gelebt haben. Ein Teil der Stammesführer trat auch zum jüdischen Glauben über. Drei Chasarenstämme hingegen — die Chabaren — wanderten nach einem ver­lorenen Bürgerkrieg mit den magyarischen Landnehmern gemeinsam weiter und gelangten ins Karpatenbecken. Dieses behauptete auch der in ungarischer Sprache predigende Rabbiner der „Großen Synagoge”, der weltbekannte Orien­talist und Wissenschaftler Samuel Kohn - auf Grund der Funde vom Ende des 19. Jahrhunderts und der von ihm auch wissenschaftlich begründeten Textfor­schungen. Aus den ersten Jahrhunderten der magyarischen Staatengründung gibt es keine Hinweise auf Diskriminierung der Juden. Der Historiker Lajos Venetianer schreibt: „Die Ungarn der Landnahme und ihre Abkommen befanden sich in völligem Frieden und gegenseitigem Einverständnis mit den hier angetroffenen Juden und ihren Nachkommen, die natürlich wegen des Zusammenlebens aufeinen­der angewiesen waren und eines oder das andere aus ihrem Glauben weglie­ßen, was dem friedlichen Verständnis im Wege stehen könnte." Arthur Koestler formuliert in seinem Werk Der dreizehnte Stamm - Das Chasarenreich und sein Vermächtnis (ein Werk, welches schwer innerhalb der wissenschaftlichen Kategorien und literarischen Gattungen eingereiht werden kann) seine Ansich­ten noch kühner. Er ist der Meinung, daß die osteuropäischen Juden bloß ihrem Namen nach Aschkenasim („Deutsche", d. h. von Westen her gekommen) 8

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