Boros Géza: Statuenpark - Unser Budapest (Budapest, 2002)

Soldaten hatte Kisfaludi nach dem sowjetischen Soldaten Wasilij Mihajlowitsch Golowtschow geformt. Während der Revolution von 1956 blieb die Frauengestalt des Denkmals un­versehrt, die sowjetischen Bronzefiguren wurden jedoch umgestürzt und zer­stückelt. Nach der Niederwerfung der Revolution wurden die Soldatenfiguren eilig ersetzt: der Genius der Freiheit sollte keine einzige Minute frei bleiben, ohne sowjetische Aufsicht. Nach der politischen Wende 1989 verordnete die Hauptstädtische Generalversammlung eine Umänderung des Denkmals. Die Frauengestalt, die mit beiden Händen den Palmenzweig in die Höhe hebt, und zum Sinnbild Budapests geworden war, sowie die Nebengestalten durften bleiben. Entfernt wurden jedoch der vergoldete fünfzackige Stern von der Fassade des Obelisken sowie die Gestalt des Sowjetsoldaten, der in den Statuen­park kam. Zur Bedeutungsänderung des Denkmals trug auch eine Künstler­aktion bei - das Projekt der Statue der Seele der Freiheit: während der Bu- dapester Kirmes im Juni 1992 (dem Fest des Abzugs der Sowjettruppen), hüllte der Künstler Tamás Szentjóby die Frauengestalt des Denkmals in ein „Geister­gewand". Der Künstler nahm am Werk eine eigenartige Umwandlung, eine Transmutation vor, indem er eine originelle, gleichzeitig humorvolle und nach­denkliche Lösung des Dilemmas der Statuenbeseitigung, Vernichtung und Be­wahrung anbot (wenn auch nur für einige Tage). Die in ein weißes Leinentuch gehüllte Statue erschien am Horizont wie ein Geist, das für immer über der Stadt davonschwebende Gespenst des Kommunismus am Anbruch einer neuen Epoche, an der Grenze zwischen Orient und Okzident. Nach der Aktion wurde die Um­gestaltung des Denkmals beendet: 1993 mauerte man die Reliefs zu, die Aufschriften und die Namen in kyrillischen Buchstaben wurden abgetragen. Am Sockel des nun vom negativen Inhalt befreiten Denkmals steht heute fol­gende Aufschrift: Zur Erinnerung an alle, die ihr Leben fiür die Unabhängig­keit, die Freiheit und da& Wohlergehen Ungarm geopfert haben. Das „entsow- jetisierte" Befreiungsdenkmal am Gellértberg funktioniert heute, nachdem es seine ursprüngliche Bedeutung verloren hat, als „allgemeine" Freiheitsstatue. Das Denkmal der sowjetisch-ungarischen Freundschaft (Zsigmond Kisfaludi Strobl, 1956) Mit seinem Befreiungsdenkmal auf dem Gellértberg wurde Kisfaludi mit einem Schlag zum offiziellen Bildhauer des kommunistischen Systems-, man überhäufte ihn mit Aufträgen und Auszeichnungen. Diese Arbeit wurde 1956 in Kőbánya auf dem Pataki (heute Szent László) tér aufgestellt, im qualitativen Tausch gegen den Obelisken, der das Massengrab der bei der Belagerung von Budapest gefal­20

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