Radek Tünde - Szilágyi-Kósa Anikó (szerk.): Wandel durch Migration - A Veszprém Megyei Levéltár kiadványai 39. (Veszprém, 2016)

1. Landschafts- und Gemeinschaftswandel als Folge von Migration - Krauss, Karl Peter: Migration und Modernisierung. Sozioökonomische Prozesse und Kulturlandschaftswandel in Transdanubien im 18. Jahrhundert

26 Krauss, Karl-Peter: Migration und Modernisierung 6 Wahmehmungshorizont der Migranten Migration bedeutet nicht nur Ortswechsel, es ist auch ein Wechsel in einen Raum mit anderen politischen, kulturellen, sozialen und rechtlichen Rahmenbe­dingungen. Das führte zu Akkulturations-, Adaptions- und Ausgleichsprozessen auch innerhalb der Siedlergruppen aus verschiedenen Herkunftsgebieten. Die Immigranten kamen in ein Land mit verschiedenen ethnokonfessionellen Gruppen. Vieles war ihnen am Anfang fremd: Die Anlage der Siedlungen, die Häuser, die Landwirtschaft. Dass die Ansiedler manche Fertigkeiten von den Einheimischen lernten, ergibt sich aus zahlreichen Berichten der Kameralad- ministrationen, aber auch aus anfänglichen Klagen.29 Gerade die ländlichen Handwerker und ausgewanderten Kleinstbauern hatten zu Beginn große Mühe mit der Landwirtschaft. Johann Eimann, der sich in Neu-Siwatz in der Batschka niedergelassen hatte, beschrieb dies in seinem retrospektiv verfassten Werk „Der deutsche Kolonist“ so: „Es ist leicht zu erachten, wie anfänglich die Meisten ein Geschick zur Landwirthschaft gehabt haben mußten: Was verstan­den Schuster, Schneider, Leinweber und solche Handwerker von Pferden und Wagen; vom Ackern und Säen? [...] Beim Früchten austretten ging es noch komischer zu; viele wollten verhüten, daß der natürliche Abgang derer Pferde nicht in die Früchte fallen sollte und hatten ihnen kleine Säcke hinten hin gebunden“ (Eimann 1965: 65f.). Andererseits profitierten die Alteingesessenen von Fähigkeiten der Mig­ranten. Angesichts des Mangels an Selbstzeugnissen (Tagebücher, Biographien, Briefe) der Siedler ist eine Rekonstruktion der Sichtweise der Ankömmlinge auf das Aufhahmeland nicht leicht. Dennoch geben verschiedene Briefe Hinweise auf die Wahrnehmung der neuen Heimat durch die Kolonisten. So schrieb Adam Wegehenkel erstaunt über den neuen Ort Tscherwenka in der Batschka: „Unser Ort ist 550 Mann stark, hat 5 gerade Hauptgassen und 5 Kreuzgassen, alle schnurgerade nach dem Winkel. Durch alle Gassen werden vor den Häusern zwei Riegen Maulbeerbäume gepflanzt und so werden alle neuen Örter gebaut.“30 In seinem Herkunftsort Weißenhasel, heute ein Ortsteil von Nenters­hausen im Landkreis Hersfeld-Rotenburg in Hessen, kannte Wegehenkel diese geplanten Strukturen nicht, denn der 1195 zum ersten Mal erwähnte Ort ist ein unregelmäßiges Haufendorf. 29 Z.B. MOL, Magyar Kincstári Levéltárak [Archive der Ungarischen Kammern], E 125 Impopulationalia, Fons 309 (Mikrofilm 22250), o. fol., Zomborer Administrator erstattet unterm 1. Dezember 1786 in Folge hoher Verordnung [...] summarischen Be­richt, 01.12.1786. 30 HStAM, 4c Hessen-Rotenburg Nr. 1470, Brief von Adam Wegehenkel vom 12.07.1785

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