Radek Tünde - Szilágyi-Kósa Anikó (szerk.): Wandel durch Migration - A Veszprém Megyei Levéltár kiadványai 39. (Veszprém, 2016)
4. Folgen von Migrationsprozessen auf die Literatur - Hammer Erika: Ein Entwurf von der Welt. Bewegung als Ver-Wandlung der Welt in der Poetik von Herta Müller
250 Hammer, Erika: Ein Entwurf von der Welt ben auch im Sprachlichen artikulieren und reflexive Gestaltungsmodi zum Resultat haben. Migration, Bewegung, Wandlung sind zentrale Begriffe für Elerta Müller. Gedacht werden kann dabei biographisch an die Umsiedlung der Autorin nach Deutschland, was hier allerdings nicht zur Diskussion steht. Assoziiert werden kann darüber hinaus auch das Motiv der Bewegung in den Texten, in denen die Figuren ständig unterwegs sind, die als Reisende und nie als Ankommende dargestellt werden. Das Transitorische, die Figur der Bewegung und Wandlung ist nicht zuletzt aber auch auf der Ebene der Sprache und der Narration zu „ertappen“, auch in diesen Textschichten dominiert dieses Modell. Müller spricht von „Wörtern [...], [...] die nicht stehen bleiben“ (Müller 2009: 74, vgl. auch Müller 2001b: 30) und verweist damit auf ein Oszillieren der Sprache, auf das Gleiten der Wahrnehmung und eine Ruhelosigkeit des Erzählens. In diesem Sinne erscheint Bewegung als zentrale Denkfigur des CEuvres, die gegen Erstarrung, Stillstand und Beständigkeit anschreiben will. Stark gemacht wird im Folgenden Müllers Insistenz auf ein ständiges Gleiten gegen die Erstarrung der Norm, der Selbstverständlichkeit, ein Von-Ort-zu-Ort-Ziehen gegen den Stillstand der Tradition und nicht zuletzt von jeder Form von Identität. Im Fokus steht dabei die Sprache, an der Fließen und Schweben erprobt werden, und eine Perspekti- vierung, die die gewohnten, eingeschliffenen Arten der Wahrnehmung deklassiert und damit ganze Weltbilder und Wirklichkeitsauffassungen in Bewegung bringt Fokussiert man auf diese Zusammenhänge, ist leicht zu erkennen, dass transitorische Bewegungsmuster auf allen Ebenen des Müllerschen Gesamtwerkes nachzuweisen sind. Das Schweben der Wahrnehmung, das Schwingen der Wörter und selbstverständlich der assoziative Erzählduktus, ist was die Texte auszeichnet. Diese Darstellungspraktiken sind sogar miteinander verwoben und verstärken so die Figur des Übergangs. Neben der allgemein gehandhabten Verschiebung der Ordnungen der Welt soll hier - unter dem Signum der Bewegung und des Wandels - auch auf das essayistische Erzählen ein Blick geworfen werden, um das Transitorische auch in der Narration nachweisen zu können. Der Akzent liegt dabei auf Der König verneigt sich und tötet!. 2 Transitorische Figurationen, Figuren im Transit Es liegt nahe, die Problematik kultureller Ordnungen und sprachlicher Nichtigkeiten bei Müller mit der Migration oder mit der Diktatur in Verbindung zu 1 Ich konzentriere mich in dieser Studie in erster Linie auf diesen Erzählband, einbezogen werden in die Überlegungen aber auch poetologische Schriften der Autorin.