Radek Tünde - Szilágyi-Kósa Anikó (szerk.): Wandel durch Migration - A Veszprém Megyei Levéltár kiadványai 39. (Veszprém, 2016)

4. Folgen von Migrationsprozessen auf die Literatur - Kerekes Gábor: Die moderne ungarndeutsche Literatur – gefangen zwischen Authentizität und Fiktionalität sowie ohne Aussicht auf internationalen Erfolg?

Kerekes, Gábor: Die moderne ungarndeutsche Literatur 227 hatten sie bessere Aussichten, veröffentlicht, aufgefiihrt, ausgestellt zu werden.4 Dabei nutzte Aczél selbst die verschwommene Festlegung der drei „T-“s und war in seinen Urteilen auch alles andere als konsequent. Es zeigt die Verlogen­heit der Zustände, dass in einer angeblichen Demokratie, in der das kollektive Nachdenken, Entscheiden und Bestimmen immer wieder als oberstes Gebot angepriesen wurde, ein Einzelner die Laufbahnen vieler bestimmen konnte, und dies beinahe omnipotent. Die meisten ungarischen Literaten wählten die Anpas­sung, einige die innere Opposition und nur ganz wenige gingen ins Ausland und blieben auch dort. Im August 1958 wurden die auf den 1957er Pohtbürobeschluss aufbauen­den neuen kulturpolitischen Grundprinzipien der Partei veröffentlicht, die - ganz dem Beschluss folgend — im Wesentlichen darauf abzielten, einen Aus­gleich zwischen der Staatsmacht und jenen Künstlern herzustellen, die dem Staat misstrauisch gegenüberstanden. Eine größere Freiheit hinsichtlich der schöpferischen und gestalterischen Möglichkeiten der Künstler wurde in Aussicht gestellt, Geduld von Seiten der Kulturpolitik versprochen, jedoch die künftige Unantastbarkeit gewisser Fragen zur Bedingung gestellt. Diese grund­legenden Dogmen, die als Tabus nicht einmal angesprochen werden durften, waren aber für jeden deutlich erkennbar: der „konterrevolutionäre Charakter“ der Ereignisse von 1956; die Frage der „vorübergehend in Ungarn stationierten sowjetischen Streitkräfte“; Ungarns Zugehörigkeit zum militärischen Bündnis des Ostblocks, zum Warschauer Vertrag; das Einparteiensystem und in ihm die führende Rolle der Staatspartei (Gergely - Izsák 2000: 439; sowie Szőnyei 2012: 20). Entscheidend war aber, dass in diesen Grundprinzipien die alleinige Berech­tigung des sozialistischen Realismus außer Kraft gesetzt wurde, indem jede humanistische Bestrebung, was für die ungarische Literatur etwa die Bewegung der so genannten „volkstümlichen Autoren“ (népi тЩ bedeutete, aber auch die Existenzberechtigung jedweder bürgerlicher und religiöser Strömung zuließ, sofern diese sich nicht als dem Sozialismus feindlich zeigten (Romsics 2005: 418). Es sei nicht die Aufgabe der Partei, als Schiedsrichterin in Fragen der Kirnst aufzutreten, hieß es — wenn auch dies in den folgenden Jahrzehnten durchaus immer wieder geschah (Rainer 2010: 33). Allerdings verlief die Entwicklung der Entspannung und Milderung auch im Rahmen des kulturellen Lebens nicht gleichmäßig, sondern es gab immer wieder Rückschläge, denn nicht zu vergessen waren all jene, die - ob aus Über­zeugung oder aus Kalkül - sich der kommunistischen Sache verschrieben hatten 4 Ausführlich zu seiner Person und Tätigkeit siehe Révész (1997).

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