Internationales Kulturhistorisches Symposion Mogersdorf 2007 in Kőszeg 3. bis 6. Juli 2007 (Szombathely, 2014)

Tibor Hajdu: Alte und neue Eliten in Ungarn in der Zwischenkriegszeit

demie der Wissenschaften und an den Universitäten ist die Situation nur wenig besser. Ausgenommen hiervon ist wiederum nur das Budapester Conservatorium. Die Corvin-Kette und der Corvin-Kranz beseitigten für Horthy übrigens ein wesentliches Problem, ebenso wie der ebenfalls von ihm begründete Helden-Orden (Vitéz-Orden): Als Reichsverweser konnte er nämlich niemanden in den Adels­stand erheben. Dies war einer der Gründe für den Bedeutungsverlust des Adels. Früher hingegen hatten sich die Könige leicht mit neuen Adelstiteln aushelfen können, wenn sich die politische Zusammensetzung der Aristokratie nicht nach ihren Vorstellungen entwickelte. Der Helden-Orden war somit ein eigentümlicher Adelungs-Ersatz, er reichte aber nicht aus. Wir können allgemein feststellen, daß die Zwischenkriegszeit zwar eine glänzende Elite hatte, im Vergleich zu den Zeiten von Franz Joseph erlitt sie aber - und das hatte seine Gründe - auf verschiedenen Gebieten Niederlagen und konnte diese nicht hinreichend kompensieren. Der Untergang, der Autoritätsverlust ging langsam vor sich, war aber offensichtlich. Zu den Ereignissen während des Zweiten Weltkrieges sei kurz nur folgendes bemerkt: Auf Druck der rechtsextremen Opposition und Hitlers - nicht wegen des Willens des schwächer werdenden Horthys - unternahmen die Regierungen den Versuch, die Gesellschaft und deren Elite den neuen Kräfteverhältnissen und der „Neuordnung Europas“ anzupassen, was schon wegen der Kriegsniederlage nicht mit einem dauerhaften Ergebnis einherging. Auf alle Fälle gelang es, die Funda­mente der Elite zu erschüttern. Wir wissen nicht, was geschehen wäre, wenn die Kriegsniederlage nicht mit dem totalen Zusammenbruch des Horthy-Regimes ein­hergegangen wäre. Die Elite hätte aber auch dann in jedem Falle grundlegende Veränderungen durchlaufen müssen, wenn auch nicht auf die Art und Weise, wie dies nach dem Krieg geschah. ANMERKUNGEN 1 Grundlegend ist „Wirtschaft und Gesellschaft” von Max Weber. - Ausführlich beschreibt die verschiedene Definitionen und Begriffe Gernot Stimmer in seinem „Eliten in Österreich 1848- 1970.” (Wien-Köln-Graz, 1997.) Von der unübersehbare Literatur über den Eliten siehe z. B. Wolfgang Zapf: Wandlungen der deutschen Elite. Ein Zirkulationsmodell deutschen Führungs­gruppen 1919-1961. 2. Aufl. München, 1965. - Originelle Aspekte finden wir auch bei ungari­schen Autoren, z. B. Karl Mannheim: Mensch und Gesellschaft im Zeitalter des Umbau. Leiden, 1935. - Ludwtg Leopold: Prestige. Ein Gesellschaftpsychologischer Versuch. Berlin, 1916. 2 Hajdú Tibor: Tisztikar és középosztály [Offizierskorps und Mittelstand] 1850-1914. Budapest, 1999. 42-43., 133. - István Deák: Der K. (u.) K. Offizier: 1848-1918. Wien, Köln, Weimar, 1995. 3 Peter Hanák: Ungam in der Donaumonarchie. Probleme der bürgerlichen Umgestaltung eines Vielvölkerstaates. Wien-München-Budapest, 1984. - Derselbe: The Bourgeoisification of the Hungarian Nobility - Reality and Utopia in the 19th Century. In: Etudes historiques hongroises, 1985. Budapest, 1985. 403-421. 15

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