Günter Dinhobl (Hrsg.): Sonderband 7. Eisenbahn/Kultur – Railway/Culture (2004)

IV. Die Eisenbahn-Technik / Railway-technics - Milan Hlavacka: Frühes Eisenbahnwesen und Technologietransfer in den böhmischen Ländern und in der Habsburgermonarchie 1837-1842

Frühes Eisenbahnwesen und Technologietransfer in den böhmischen Ländern die Fronarbeit nachließ und das Kreisamt eine Steuerermäßigung bewilligte, kam von der Eisenbahngesellschaft vorerst keinerlei Entschädigung. Ende April, nachdem es in der Nähe der Gemeinde an der Eisenbahnstrecke abermals gebrannt hatte und eine Hälfte der niederösterreichischen Stadt Gänserndorf einem von Funken ausgelösten Brand zum Opfer gefallen war, schickte der Bürgermeister von Branowitz, Hranickÿ, und der Straftrichter Jatel eine Beschwerde an das Kreisamt im nahe gelegenen Brünn, worin sie behaupteten, seit dem Brand in tiefster Armut und zudem in ständiger Angst zu leben auch noch ihre heranreifende Ernte zu verlieren. Nach einer Urgenz des Kreisamtes sandte die Gesellschaft der Nordbahn ein Schreiben an das Kreisamt, worin sie die Zahlung einer Entschädigung ablehnte, denn diese Forderung stützte sich auf die durch nichts bewiesene und von der Direktion bestrittene Behauptung, dass die Schäden von Funken aus der Lokomotive hätte verursacht worden sein können. Die Bürger aus Branowitz schrieben eine weitere Beschwerde, welche diesmal an das Landesgubemium erging. Aber auch das Gubernium half nicht und so schrieben die Bürger von Branowitz am 6. Dezember 1840 direkt an den Kaiser in Wien. Doch auch von der höchster Stelle erhielten sie keine Hilfe. Sie mussten auf die Äußerung der Polizeidirektion in Wien warten. Inzwischen waren Häuser in Drösing und Tallersbrunn abgebrannt. Am 30. Juni 1841 kam die ersehnte Nachricht: Die Bahn sei verpflichtet, den Geschädigten durch den Brand entstandene Schäden zu ersetzen, sonst aber habe die Nordbahn die Vorschriften vom April 1838 nicht verletzt, d. h. es kann nicht nachgewiesen werden, dass während der Fahrt mit Holz geheizt worden war. Das Strafverfahren wurde eingestellt. Die Direktion der Nordbahn legte gegen den Befund der Polizei Berufung ein und die Leute aus Branowitz mussten weiter auf Entschädigung warten. So blieb nichts anderes übrig, als einen Gerichtsprozess gegen die Eisenbahngesellschaft anzutreten. Der Prozess zog sich jahrelang hin, aber schließlich gelang es dem Advokaten der Branowitzer Bürger doch eine Schwachstelle in der Interpretation des Dekrets vom 7. April 1838 ausfindig zu machen. Damit, dass die Hofkanzlei die Einstellung der Beheizung mit Holz während der Fahrt verboten hatte, habe sie nicht nur das Zulegen von Holz, sondern auch dessen Verbrennen gemeint. Bei der Durchfahrt durch Branowitz im Januar 1840 sei zwar kein Holz mehr zugelegt, aber ganz sicher welches verbrannt worden. Die Schlussfolgerung der Advokaten bestätigte auch die Polizeidirektion in Brünn, allein indem sie bereits am 8. Februar 1840, also einen Tag nach dem Unglück in Branowitz, die Anordnung erließ, das Vorheizen der Lokomotive mit Holz müsse bis spätestens eine Viertelstunde vor der Abfahrt aus der Station erfolgen. Angesichts dieser Situation bot die Eisenbahngesellschaft nach Absegnung durch die Generalversammlung der Aktionäre im Frühjahr 1846 - also nach sechs (!) Jahren - aber noch vor der Entscheidung des 277

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