Günter Dinhobl (Hrsg.): Sonderband 7. Eisenbahn/Kultur – Railway/Culture (2004)

I. Für eine Kulturgeschichte der Eisenbahn / Towards a cultural history of railways - Günter Dinhobl: Eisenbahn / Kultur - Für eine Kulturwissenschaft der Technik

Eisenbahn/Kultur - Für eine Kulturwissenschaft der Technik Im Wesentlichen lassen sich drei Bereiche eingrenzen, was heutzutage unter dem Begriff Kultur verstanden wird: ♦ was Menschen ,denken* (Ideologien, Anschauungen, Glaube, Wissen, Werte, Identitäten) ♦ was sie tun (Handlungen), und ♦ die materiellen Gegenstände, die sie schaffen (Artefakte) Die methodischen Zugangsweisen sind ebenso heterogen wie der Begriff selbst:’6 im Zentrum der (wissenschaftlichen) Diskussionen über Kultur steht jedoch jeweils die Thematisierung bzw. Analyse von Relationalitäten - und nicht die von ingenieurswissenschaftlicher Seite vorgehaltene Thematisierung von Relativität. Ein Vertreter bei den Diskussionen über Kultur ist der Literaturwissenschafter Edward Said. Sein Interesse gilt der Analyse von Machtausübung: Mit seiner Diskursanalyse Kultur und Imperialismus legt er das „Beziehungsgeflecht von Kultur und Herrschaft“’7 offen, indem er jenen rhetorischen Figuren nachspürt, die im Namen von Kultur „eine hohe Bedeutung [...] bei der Herausbildung imperialer Einstellungen [...] gehabt haben.“’* Dabei sind die Repräsentationen in Schrift und Bild die eigentlichen Elemente von Kultur, insbesondere ihre Herstellung, Zirkulation, Geschichte und Deutung.” Beispiele von Repräsentationen wählt Said aus den Bereichen der Literatur, Kunst und Musik Bereichen, denen im konventionellen Verständnis von Kultur eine Autonomie gegenüber dem ökonomischen, sozialen und politischen Sektor zugeschrieben werden.4*' In einem Großteil neuerer Theorie wird das Problem der Repräsentation für zentral erachtet und doch nur selten in einen politischen Kontext gestellt. Wir haben auf der einen Seite eine isolierte kulturelle Sphäre, die als frei und offen für schwerelose theoretische Spekulation und Forschung gilt, und auf der anderen eine politische Sphäre, in der sich angeblich der reale lnteressenskonflikt abspielt. Für die Kulturtheoretiker - den Humanisten, den Kritiker, den Gelehrten — ist nur eine Sphäre relevant, genauer, es gilt als ausgemacht, daß die beiden Sphären getrennt sind, während sie in Wahrheit nicht nur miteinander verbunden, sondern im Grunde ein und dasselbe sind. In dieser Trennung hat '6 Vgl. Bai, Mieke: Kulturanalyse. Frankfurt 2002; Lutter, Christina - R e i s e n I e i t n e r, Markus: Cultural Studies. Eine Einführung. Wien 1998. 17 Said, Edward: Kultur und Imperialismus. Einbildungskraft und Politik im Zeitalter der Macht. Frankfurt/M. 1994, S. 26. ’*' Ebenda, S. 14. ” Ebenda, S. 99; Unter „Repräsentationen" versteht Said nicht nur materielle Symbole, sondern auch gemeinsame Begriffe. 4" Ebenda, S 14 und 16. 37

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