Georg Lehner, Monika Lehner (Hrsg.): Sonderband 6. Österreich-Ungarn und der „Boxeraufstand” in China (2002)

Die Unruhen des Sommers 1900 im Spiegel Österreichischer Berichte aus China

Die Unruhen des Sommers 1900 im Spiegel österreichischer Berichte aus China einen Angriff von Dong Fuxiang unterstehenden Soldaten abwehren können. Dieser Meldung zufolge waren in und um Beijing etwa 16 000 Mann chinesischer Truppen zusammengezogen worden. Von den in den Gesandtschaften eingeschlossenen Truppen galt die Hälfte als „todt und verwundet.“ Anderen Quellen zufolge war es im Juli unmöglich, durch die von Qing-Truppen und Yihetuan gezogenen Linien aus Beijing heraus oder in die Stadt hinein zu gelangen. Auch wurde von einem Angriff der von Dong Fuxiang befehligten Truppen auf jene des Prinzen Qing gesprochen. Kottowitz schrieb, dass diese „Nachrichten“ durchwegs aus chinesischer Quelle stammten, wodurch ihnen „nur wenig Glaube und Vertrauen“ geschenkt werden könne. Er selbst erachtete die darin erwähnten Truppenstärken als „viel zu nieder und wahrscheinlich absichtlich verstellt.“269 Ab Ende Juli trafen laufend Truppenverstärkungen der anderen Mächte auf der Reede von Dagu ein. Obwohl er Mitte Juli von der in Wien getroffenen Entscheidung gegen die Entsendung von Landtruppen informiert worden war, meinte Kottowitz, dass es, nachdem alle übrigen beteiligten Mächte nach dem Eintreffen von Truppen ihre Landungsdetachements zurückziehen würden, „von größter Wichtigkeit“ wäre, wenn sich Österreich-Ungarn doch noch zur Entsendung von Truppenabteilungen entschlösse.270 Während alle übrigen vor Dagu versammelten Befehlshaber am 30. Juli bereits im Besitz von Nachrichten über die Situation ihrer Gesandtschaften waren, war das Kommando S.M.S. „Zenta“ ohne Information über das Schicksal der k. u. k. Gesandtschaft geblieben. Aus diesem Grund wandte sich Kottowitz an den britischen Konsul in Zhifu, um durch diesen Yuan Shikai um die Vermittlung von Nachrichten über die österreichisch-ungarische Gesandtschaft zu ersuchen. Am Nachmittag des 31. Juli teilte Zolldirektor Edward B. Drew271 dem Kommando S.M.S. „Zenta“ mit, dass das österreichisch-ungarische Detachement in Beijing nach einem Bericht des ebenfalls eingeschlossenen „Times“-Korrespondenten Morrison vier Tote zu beklagen hätte, darunter auch FK Eduard Thomann von Montalmar. Nachdem er sich versichert hatte, dass keines der vor Dagu liegenden Schiffe im Besitz einer Verlustliste der Europäer war, telegraphierte er die Meldung über die vier Gefallenen nach Wien. Schon am 2. August wurde Kottowitz auf der Reede von Dagu gemeldet, dass hinsichtlich der Nachricht über den Tod Thomanns jeder Irrtum ausgeschlossen sei. Kottowitz erfuhr am 2. August, dass Briten und Italiener schon am 1. August über die Verlustliste der Europäer in Beijing informiert gewesen waren. Der zugleich als k. u. k. Acting Consul fungierende britische Konsul in Zhifii/Yantai, John Noel Tratman, teilte dem Kommando S.M.S. 67 KA, MS/OK 1900-V-l 1/24, Nr. 2 108, S.M.S. „Zenta“ an RKM/MS, Res. No. 226, Taku, 29.7.1900. 270 KA, MS/OK 1900-V-l 1/24, Nr. 2 108, S.M.S. ,Zenta“ an RKM/MS, Res. No. 226, Taku, 29.7.1900. 271 Drew galt im Sommer 1900 zunächst auch als einer der möglichen Kandidaten für die Leitung der Imperial Maritime Customs während der „zeitweiligen Abschließung“ von Sir Robert Hart. Vgl. dazu Morse, Relations III, S. 250 f. 95

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