Sonderband 3. „wir aber aus unsern vorhero sehr erschöpfften camergeföllen nicht hernemben khönnen…” – Beiträge zur österreichischen Wirtschafts- und Finanzgeschichte vom 17. bis zum 20. Jahrhundert (1997)

† Peter Gasser: Karl VI., Triest und die Venezianer

Peter Gasser Die Wahl des Herrschers fiel nicht sofort auf Triest. Es erfolgte vielmehr eine sorgfältige Prüfung anderer Alternativen. Neben Triest und Fiume wurde noch Aquileia und Duino in die engere Wahl gezogen'5. Für die Patriarchenstadt sprachen Fruchtbarkeit und Wasserreichtum ihrer Umge­bung, der sogenannten „Basse“ und nicht weniger die günstigen Verbindungsmög­lichkeiten nach Krain, Kärnten und der Steiermark. Der zur Römerzeit berühmte Hafen wäre, unter Vornahme einiger Korrekturen, für mittelgroße Fahrzeuge wieder benützbar zu machen gewesen. Aquileia liegt nicht direkt an der See, wird aber durch einen gut befahrbaren Kanal mit der Gradeser Lagune verbunden. Ausschlag­gebend, daß der Wiener Hof diese Stadt aus dem Kreise der Bewerber ausschloß, war ihre allzu große Grenznähe. Kam auch Venedig als allfälliger Kriegsgegner Öster­reichs nicht mehr in Betracht, so hätte die der Kanaleinfahrt einem Sperrfort gleich vorgelagerte Insel Grado durch schikanöse Zoll- oder Sanitätskontrollen den rei­bungslosen Schiffsverkehr von und nach Aquileia verhindern können. Duino bot gleichfalls gute Voraussetzungen. Der kleine unter der Rocca der Gra­fen della Torre (Thurn) gelegene Hafen hätte den damaligen Anforderungen zu­nächst genügt. Auch wäre der Timavo, jener sonderbare Karstfluß, der zwischen Monfalcone und Duino in beträchtlicher Breite unmittelbar an die Erdoberfläche tritt, in seinem kurzen oberirdischen Lauf leicht in eine Hafenanlage umzugestalten gewesen. Die Landverbindung über das Isonzotal und Flitsch-Tolmein nach Kärnten und Steiermark war gegeben bzw. ohne weiteres ausbaufähig. Politisch gehörte Duino zu Krain und lag auch nahe der Grafschaft Görz. Beiden Landständen wäre der Hafenausbau erwünscht gewesen. Gegenüber den aufgezeigten Vorteilen fielen aber der steinige unfruchtbare Boden der unmittelbaren Umgebung und die exponier­te Grenzlage schwer in die Waagschale. Die Entscheidung fiel schließlich zugunsten von Triest und Fiume, wobei aber der Hafen am Quarnero die Bedeutung Triests in der Folge nicht erreichen konnte. Feu­dale und nachbarliche Interessen traten in und um Triest nur wenig in Erschei­nung - eine Tatsache, die für die letzte Entscheidung wohl ausschlaggebend war. Als nächster Schritt erfolgte die Überprüfung der von Triest und Fiume führenden Verkehrswege. Das von den Römern geschaffene Straßennetz, zu dem auch die be­rühmte von Aquileia über Neumarkt nach dem Baltikum führende sogenannte Bem- steinstraße gehört hatte, war verfallen. Mittelalterlichen Reise- und Güterverkehrs­verhältnissen mochte zwar zur Not der von Graz über Marburg und Laibach nach Triest führende Weg genügt haben. Im 18. Jahrhundert genügten die vorhandenen Straßen den Anforderungen im Falle eines Ausbaues der Küstenplätze nicht mehr. Mit dem Straßenbau wurde im Jahre 1716 begonnen, und die Vollendung der wichtigsten Bauvorhaben hat Karl VI. noch erlebt. Zunächst wurde die Verbindung Triest-Graz bis nach Wien verlängert, wobei die vorhandenen Trassen durchwegs verbreitert, die bestehenden Brücken erneuert bzw. tragfähiger gestaltet werden 15 15 Tamar o: Storia di Trieste, Bd. 2, S. 161. 36

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