Sonderband 3. „wir aber aus unsern vorhero sehr erschöpfften camergeföllen nicht hernemben khönnen…” – Beiträge zur österreichischen Wirtschafts- und Finanzgeschichte vom 17. bis zum 20. Jahrhundert (1997)
† Peter Gasser: Karl VI., Triest und die Venezianer
Peler Gasser ner Kraft dem Monarchen von der Ausnützung merkantil-maritimer Möglichkeiten abhalten könne? Außenpolitisch blieb jedoch den Venezianern keine andere Wahl als eine Allianz mit Österreich und dem Reich. Nach dem Entsatz Wiens wurde am 5. März 1684 die Sacra Lega zwischen Innozenz XI., Leopold I., Polen und Venedig geschlossen. In Süddalmatien, in Albanien und in der Ägäis fochten Venedigs Truppen und Seeverbände ohne entscheidenden Erfolg. Ein solcher war dem Prinzen Eugen be- schieden. Ganz Ungarn fiel, mit Ausnahme des Banats, mit dem Traktat von Kar- lowitz an den Kaiser. Venedig, dem bei Kriegsbeginn mit der erhofften Rückeroberung Kretas und Cyperns die Wiederherstellung seines Levanteimperiums in Aussicht gestellt worden war, mußte sich mit bescheidenen Grenzverbesserungen in Dalmatien und Albanien, mit günstigeren Handelsbedingungen in der Levante und mit der Aufrechterhaltung des status quo in Mittelgriechenland und am Peloponnes abfinden. Die außenpolitisch nunmehr völlig im Schlepptau des Kaisers stehende Republik stellte sich, ungeachtet der Tatsache, daß der Freistaat Ragusa schon im Jahre 1684 die türkische Oberhoheit mit der habsburgischen eingetauscht hatte, im zweiten größeren Türkenkrieg abermals auf Seite Österreichs. Die Siege des Savoy- ers bei Belgrad und Peterwardein brachten der Monarchia Austriaca im Vertrag von Passarowitz 1718, außer einem vorteilhaften Handelsvertrag, der ihr den Levantehandel erst ex lege ermöglichen sollte, Nordserbien und das Banat. Venedig verzichtete auf den Peloponnes, auf Mittelgriechenland und auf etliche Inseln in der Ägäis. Ein Verzicht, der durch Grenzberichtungen am südlichen Balkan nicht aufgewogen wurde, und somit kaum zur Schaffung eines engeren Freundschaftsverhältnisses zwischen den militärischen Verbündeten beitragen konnte. Das Triestiner Patriziat war im Gegensatz zu anderen italienischen Kommunen nicht in der Lage, aus eigenen geistigen und materiellen Kräften eine ähnliche Position zu schaffen. Eine Tatsache, die vor allem der prekären Lage der dem venezianischen Drucke ausgesetzten Stadt und ihrer Plebs zugeschrieben werden muß6. Die Schutzherrschaft der innerösterreichischen Herzoge konnte den Hafen nicht von der Dominanz Venedigs befreien. Man war zufrieden, wenn dieser Schutz die Stadt vor dem unmittelbaren Zugriff der Republik abschirmen konnte, was aber, wie es die Kriegsereignisse des Jahres 1508 offenbarten, auch nicht immer der Fall gewesen ist. Diese leidige Erfahrung trug möglicherweise das Ihrige dazu bei, daß die Beziehungen der Stadtgemeinde zu den erzherzoglichen bzw. kaiserlichen Stadtburgkommandanten sich nicht durch ein übermäßiges Vertrauen auszeichnete. Seitens der in kleinlicher Rechthaberei auf die ihnen bestätigten und verbrieften Rechte pochenden Stadträte wurde für die verwahrloste, teilweise versandete Hafenanlage so gut wie nichts unternommen. Das Fehlen befahrbarer Verkehrswege nach dem Landesinneren sowie die unfruchtbare und spärlich besiedelte Karstzone, die 6 Torbianelli Moscarda: Vicende giuridico-amministrative a Trieste, S. 3 . II ceto patrizio, sino ad allora detentore dei potere politico e rappresentante della cultura cittadina, si ergeva custode geloso delle autonomie municipali sopra una plebe in condizioni di estrema miseria materiale e morale .. 28