Sonderband 3. „wir aber aus unsern vorhero sehr erschöpfften camergeföllen nicht hernemben khönnen…” – Beiträge zur österreichischen Wirtschafts- und Finanzgeschichte vom 17. bis zum 20. Jahrhundert (1997)

† Peter Gasser: Karl VI., Triest und die Venezianer

Karl VI., Triest und die Venezianer en sie nahezu gänzlich an sich gerissen hat, als freies und unabhängiges Gebiet, vorbehaltlich der Vogteirechte, zu. Die Grafen von Görz kamen als Vögte des Patriarchen nicht glimpflicher davon. Graf Meinhard IV., der als Gefolgsmann Kaiser Sigismunds glücklos gegen die Serenissima gestritten hatte, war 1424 genötigt worden, für seinen Friauler Besitz in Venedig um die Belohnung anzusuchen. Stellte dieser venezianische Machtzuwachs an und für sich eine Bedrohung des habsburgischen Besitzes dar, so war der Aus­bruch einer bewaffneten Auseinandersetzung, mit dem Tode des letzten Grafen von Görz im Jahre 1500, dessen Resterbe, bestehend aus der Stadt Görz und dem Friau­ler Streubesitz, Maximilian nun antrat, nur mehr eine Frage der Zeit, da Venedig auf diese Friauler Herrschaften aus dem Görzer Erbe Lehensrechte geltend machte. Der 1508 entbrannte Kampf blieb nicht auf Habsburg und Venedig allein be­schränkt, weitete sich vielmehr durch das Eingreifen des Papstes, einiger italieni­scher Signorien sowie Frankreichs und Spaniens zu einem europäischen Konflikt aus, der erst 1516 sein Ende finden sollte. Für den Kaiser brachte das erste Kriegsjahr eine Reihe schwerer Niederlagen, denn Maximilian hatte auch diesen Feldzug ohne finanzielle Grundlagen und mit unzulänglichen Kräften begonnen. Bergistrien, die Gebiete am Karst und am Quar- nero, die Städte Triest, Fiume und Görz fielen in venezianische Hände. Triest leistete 1508 zum dritten, aber auch letzten Male in seiner Geschichte dem Dogen den Eid der fidelitas. Eine vernichtende Niederlage, die die Republik im folgenden Jahre durch die mit dem Kaiser verbündeten Franzosen erlitt, ermöglichte es Österreich im raschen Zuge das Verlorene zurückzugewinnen. Der Waffenstillstand 1516 beließ den beiden Partnern, Kaiser wie Venedig, den augenblicklichen Besitzstand. So bestätigte dieses zu Brüssel geschlossene und in der folgenden Zeit alle fünf Jahre immer wieder erneuerte Abkommen Österreich in den Besitz von Bergistrien, den Gebieten am Quamero und am Karst sowie der Städte Fiume (Rijeka), Triest und Görz, wie auch den zwischen Isonzo und Tagliamento gelegenen görzisch gräflichen Streubesitz. 1524 kamen noch Gradiska und Umge­bung sowie die Stadt Aquileia dazu. Drei Jahre vorher hatten sich erstmalig für Triest weitgespannte, wenn auch nur ephemere Zukunftsaussichten abgezeichnet. Karl V. hatte die Wichtigkeit des Hafens für die Verbindung der österreichischen mit den spanischen Ländern erkannt und sich bei der am 28. April 1521 zu Worms mit seinem Bruder Ferdinand besproche­nen Gebietsaufteilung Triest, Fiume und den Karst als seinen Anteil ausbedungen. Als Umschlagsplatz für die aus Unteritalien, Spanien und den überseeischen Be­sitzungen ankommenden Waren hätte Triest, unter gleichzeitigem Ausbau seiner Verbindungswege nach dem Landesinneren, ohne Zweifel einen mächtigen Auf­schwung erlebt und möglicherweise dem von spanischen Galeeren in Schach gehal­tenen Venedig wirtschaftlich gefährlich werden können. Der großzügige Plan wurde, kaum gefaßt, bei der am 7. Februar 1522 zu Brüssel dann endgültig vollzogenen Teilung wieder fallen gelassen. 21

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