Sonderband 3. „wir aber aus unsern vorhero sehr erschöpfften camergeföllen nicht hernemben khönnen…” – Beiträge zur österreichischen Wirtschafts- und Finanzgeschichte vom 17. bis zum 20. Jahrhundert (1997)

Thomas Winkelbauer: Finanznot und Friedenssehnsucht. Der Kaiserhof im Jahre 1645

Finanznot und Friedenssehnsncht Der Kaiserhof im Jahre 1645 gen Maximilians von Bayern, bei mangelnder Friedens- und Konzessionsbereitschaft des Kaisers notfalls einen Separatfrieden mit Frankreich zu schließen85, verfaßte Ferdinand III. am 16. Oktober 1645 - nach Einholung und auf der Grundlage von Gutachten der Geheimen Räte Trauttmansdorff, Martinitz, Kolovrat, Kurz, des öster­reichischen Hofkanzlers Dr. Matthias Prickelmeier90 und des Hofkriegsratspräsiden­ten Heinrich Graf Schlick91 - auf dem Linzer Schloß eigenhändig eine (übrigens erst 1962 publizierte) Geheiminstruktion für seinen Obersthofmeister und engsten politi­schen Vertrauten Maximilian von Trauttmansdorff, der einen Monat später als neuer kaiserlicher Prinzipalgesandter zu den Verhandlungen in Münster und Osnabrück abreiste. Die Instruktion zeigt, daß man in Wien im Herbst dieses „annus horribilis (Jankau!) et mirabilis (Brünn!)“ nunmehr zu fast allen, jedenfalls aber zu realisti­schen Bedingungen zum Frieden bereit war92. Bereits am 26. September hatte der kurbayerische Hofkammerpräsident Dr. Johann Mandl (Mändl) aus Linz an Kurfürst Maximilian berichtet, die Geheimen Räte des Kaisers wünschten Frieden „quocunque modo und baldt“93. Aber auch nach dem Eintreffen Trauttmansdorffs in Münster Ende November 1645 gingen die Versuche weiter, den Ausgang der Ver­handlungen durch Erfolge auf dem Schlachtfeld zu beeinflussen, worauf an dieser Stelle nicht eingegangen werden kann. Die Kriegsereignisse des Jahres 1645 stellten jedenfalls endgültig die Weichen für den Zug, der - nach Überwindung zahlreicher „Gebirgsstrecken“ - zum Friedens­schluß des Jahres 1648 führte. Die Friedenskonferenz trat mit dem Eintreffen Trauttmansdorffs in Münster in die entscheidende Phase ein, „in der fast alle offenen Streitfragen zwischen den Kontrahenten im deutschen wie im niederländischen Konflikt beigelegt wurden“94. Die Entsendung Trauttmansdorffs, der nie zur spani­schen Partei am Wiener Hof gehört hatte, bezeugt nicht nur die Friedenswilligkeit des Kaisers (auch um den Preis des Elsaß, des Breisgaus und Pommerns sowie der Schaffung einer achten Kurwürde für die Pfalz), sondern auch seine Bereitschaft, für den Fall, daß sich der König von Spanien zu keinem Friedensschluß bzw. Waffen­stillstand mit Frankreich bereitfinden sollte, ohne Rücksichtnahme auf die Interessen Spaniens zu einem Friedensschluß mit Frankreich zu kommen55. Vgl. Immler: Maximilian I., S. 62-213. 90 Schwarz: Privy Council, S. 323-325. 91 Ebenda, S. 331-334. 92 Acta Pacis Westphalicae, Serie I: Instruktionen, Bd. 1 : Frankreich - Schweden - Kaiser, bearb. von Fritz Dickmann [u. a.]. Münster 1962, S. 440-452; Ruppert: Politik, S. 129-138; Repgen: Ferdi­nand III., S. 158 f. Zur Persönlichkeit Trauttmansdorffs vgl. auch Dickmann : Der Westfalische Frieden. S. 195 und 243-245. 93 Immler: Maximilian I., S. 187. Siehe die Gutachten der Geheimen Räte von Ende September 1645: Acta Pacis Westphalicae, Serie I: Instruktionen, Bd. 1, S. 440-452 (in den Fußnoten). Vgl. z. B. das Schreiben des Schottenabtes Anton Spindler an Prior Peter Heister vom 11. Jänner 1646, in dem es heißt: „Das man ein hoffnung zu einen friden hatt, vemimbe ich gern, qualiscunque sit, es würdet doch sonsten alles ie lenger ie schlimmer.“ Wolfsgruber (Hrsg.): Correspondenz, S. 95. 94 Parker: Der Dreißigjährige Krieg, S. 265. 95 Wedgwood: Der Dreißigjährige Krieg, S. 453; Acta Pacis Westphalicae, Serie I: Instruktionen, Bd. 1, S. 443-450. Zur schließlichen Separation des Reiches von Spanien, d. h. des Bündnisses der beiden 14

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