Sonderband 3. „wir aber aus unsern vorhero sehr erschöpfften camergeföllen nicht hernemben khönnen…” – Beiträge zur österreichischen Wirtschafts- und Finanzgeschichte vom 17. bis zum 20. Jahrhundert (1997)

Thomas Winkelbauer: Finanznot und Friedenssehnsucht. Der Kaiserhof im Jahre 1645

Thomas Winkelbauer postulierten Kontributionen etwa zwei Drittel auf die böhmischen und etwa ein Drittel auf die österreichischen Länder (ohne Tirol und die Vorlande). Das österrei­chische Drittel wurde zur Hälfte von Innerösterreich, zu einem Drittel von Nieder­österreich und zu einem Sechstel von Oberösterreich aufgebracht38. Um 1616/17, in den letzten Jahren vor dem Ständeaufstand und der Schlacht am Weißen Berg, beliefen sich die direkten Steuern Böhmens jährlich auf knapp 1 Mil­lion, zusammen mit den Nebenländem der böhmischen Krone auf etwa 2 Millionen Gulden39, die gesamten Kontributionen der böhmischen und österreichischen Länder also auf jährlich rund 3 Millionen Gulden. Die jährlichen Kameraleinnahmen (Einnahmen aus Kammergütern, landesfiirstlichen Ämtern, Zöllen, Bergwerken etc.) lagen in der zweiten Hälfte des 17. Jahrhunderts meist zwischen 2 und 2,5 Millionen Gulden40, in der ersten Hälfte des 17. Jahrhunderts vielleicht bei durchschnittlich rund 2 Millionen Gulden. Die jährlichen Einnahmen aus dem Königreich Ungarn (die Portensteuer der Bauern, vor allem aber die Kameraleinkünfte aus den Bergwer­ken und dem Dreißigstzoll) hingegen betrugen in den letzten Jahrzehnten des 16. und in den ersten sieben Jahrzehnten des 17. Jahrhunderts insgesamt maximal 400 000 Gulden41, also nicht einmal ein Zehntel der Einnahmen aus den böhmischen und österreichischen Ländern. Die niederösterreichischen Landstände willigten auf dem zwischen November 1644 und Februar 1645 in Wien abgehaltenen Landtag42 ein, bis Lichtmeß (2. Febru­ar) 1645 „in abschlag“ der für das Jahr 1645 bewilligten Kontribution neben der Stellung von 500 Kavalleriepferden auch 80 000 Gulden „baares geldts“ und anstatt der geforderten 500 Artilleriepferde 30 000 fl., zusammen also 110 000 fl. in das kaiserliche Feldkriegszahlamt zu erlegen. Von Linz aus richtete Kaiser Ferdi­nand III. am 4. Jänner 1645 zur Betreibung dieser Angelegenheit ein Schreiben an die Landtagskommissäre in Österreich unter der Enns, in dem er mitteilte, daß er in den nächsten Tagen nach Böhmen (d. h. zur Armee) abreisen werde. Es sei den Adressaten „unverborgen, was zu fortsez- und Verrichtung solch vorhabender rais, wie auch die zeit über, da wir aldorten anwesendt verbleiben werden, auf unser selbst aigen und unsers mitraisenden hoffstatts, dann andere fürfallende krigsnotturfften für ain merkhlicher uncosten und spesa erfordert wirdt, wir aber denselben sogleich aus unsern vorhero sehr erschöpfften camergeföllen nicht hernemben khönnen, son­dern uns hierzu obgemelter von unsern getreuen ständten bewilligten summa gelts 38 Mensi, Franz Frhr. von: Geschichte der direkten Steuern in Steiermark bis zum Regierungsantritte Maria Theresias, Bd. 1. Graz-Wien 1910 (Forschungen zur Verfassungs- und Verwaltungsgeschichte der Stei­ermark 7), S. 92 f. und 117 f.; Urbänek, Rudolf: Cesi a vâlky turecké [Die Tschechen und die Türken­kriege]. In: Co daly nase zemë Evropë a lidstvu [Was unsere Länder Europa und der Menschheit gegeben haben], Bd. 1. Praha 1939, S. 117-123, hier 121. 39 Urbânek: Cesi a vâlky turecké, S. 121. 40 Bérenger, Jean: Finances et absolutisme autrichien dans la seconde moitié du XVII siècle. Paris 1975, S. 317. 41 Redlich, Oswald: Weltmacht des Barock. Österreich in der Zeit Kaiser Leopolds I. Wien 4. Aufl. 1961, S. 161. ( 42 Ortner, Günther: Die niederösterreichischen Landtage von 1635-1648. Wien (phil. Diss.) 1975, S. 203 bis 207. 7

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