Sonderband 3. „wir aber aus unsern vorhero sehr erschöpfften camergeföllen nicht hernemben khönnen…” – Beiträge zur österreichischen Wirtschafts- und Finanzgeschichte vom 17. bis zum 20. Jahrhundert (1997)
Thomas Winkelbauer: Finanznot und Friedenssehnsucht. Der Kaiserhof im Jahre 1645
Thomas Winkelbauer Der Kaiser verlor - nach der zweiten Schlacht bei Breitenfeld am 2. November 1642 und dem katastrophalen Ausgang des Holstein-Abenteuers des Grafen Gallas - bei Jankau bereits die dritte Armee innerhalb von 28 Monaten. Feldmarschall Johann Graf Götz fiel, der Oberkommandierende Melchior Graf Hatzfeld, der der Aufgabe nicht gewachsen war und der nach Auskunft Walter Leslies* 24 (des geistigen Anführers der Mörder Wallensteins) bereits Ende Jänner gewünscht hatte, „che l’Arciduca [Erzherzog Leopold Wilhelm; Th. W.] venisse in campagna a comanda- re“25, fiel in Gefangenschaft, Johann von Werth26 setzte sich mit den Resten der bayerischen Kavallerie (etwa 2 000 Mann) nach Bayern ab. Der Großteil des Generalstabs und der höheren Offiziere der kaiserlichen Armee fiel oder wurde gefangengenommen27. Bei Jankau suchte der Kaiser mit all seinen wirtschaftlichen und militärischen Mitteln, dem Prestige seines Hauses und seinem Charisma als von Gott begünstigter Feldherr [Schlacht von Nördlingen 1634! - Th. W.] die Entscheidung - und verlor. So wurde Jankau für die kaiserliche Friedenspolitik die wichtigste Schlacht des Krieges28. Cicely Wedgwood bemerkte mit einiger Berechtigung, Jankau sei in gewisser Hinsicht das Rocroi Deutschlands gewesen, „denn es vernichtete die bayrische Reiterei, das Rückgrat des Heeres, wie Rocroy die spanische Infanterie vernichtet hatte“29. Die bayerische Kavallerie regenerierte sich jedoch rasch. Bereits Anfang Mai 1645 brachte die kurbayerische Reichsarmee unter Feldmarschall Franz von Mercy den Franzosen unter Marschall Turenne bei Mergentheim eine verlustreiche Niederlage bei30. Nach dem Eintreffen einer zweiten französischen Armee unter dem Herzog von Enghien sowie eines Korps der Landgräfin Amelie Elisabeth von Hessen wurde Mercy allerdings am 3. August in der Schlacht bei Alerheim, in der er selbst den Tod fand, von den vereinten Franzosen und Hessen31 vernichtend geschlagen, sodaß Bayern dem in seinen Erbländern von den Schweden bedrängten Kaiser nicht mehr do konce tficetileté vâlky [Geschichte Böhmens und Mährens unter Ferdinand III. bis zum Ende des Dreißigjährigen Krieges] (1637-1648). Praha 1890; Matëjek, Frantisek: Morava za tficetileté vâlky [Mähren während des Dreißigjährigen Krieges]. Praha 1992 (Opera Instituti historici Pragae A-6). 24 Srbik, Heinrich Ritter von: Wallensteins Ende. Ursachen, Verlauf und Folgen der Katastrophe. Salzburg 2., verb. Aufl 1952, S. 171-173 und passim; Schwarz: Privy Council, S. 276 f. 25 Toegel: Bitva, S. 298 und 305 Anm. 21; Documenta Bohemica Bellum Tricennale Illustrantia, Bd. 7: Der Kampf um den besten Frieden. Quellen zur Geschichte des Dreißigjährigen Kriegs zur Zeit der Friedensverhandlungen von Westfalen und der Ratifizierung des Friedens 1643-1649, lirsg. von Miroslav Toegel. Praha 1981, S. 172 Nr. 501 (vgl. auch das abschätzige Urteil Leslies über Hatzfeld vom 10. Februar, ebenda, S. 174 Nr. 507). Siehe auch Schwarz: Privy Council, S. 244 f. 26 Vgl. zuletzt Osterbrauck, Willi-D(ieter): Johann Reichslfeiherr von Werth. Chronik eines umstrittenen Volkshelden 1591-1652 (Köln 1992). 27 Toegel: Bitva, S. 297. 28 Ruppert: Politik, S. 80-82. 29 Wedgwood: Der Dreißigjährige Krieg, S. 449. 30 „Turenne verlor fast seine gesamte Infanterie und Artillerie; 2500 Mann gerieten in bayerische Gefangenschaft [...].“ Immler, Gerhard: Kurfürst Maximilian I. und der Westfalische Friedenskongreß. Die bayerische auswärtige Politik von 1644 bis zum Ulmer Waffenstillstand. Münster 1992 (Schriftenreihe der Vereinigung zur Erforschung der neueren Geschichte 20), S. 110. 31 Das nach der Schlacht bei Mergentheim zu Hilfe gesandte schwedische Korps unter Hans Christoph von Königsmarck hatte sich Ende Juli wieder vom französisch-hessischen Heer getrennt. 5