Liszka József (szerk.): Az Etnológiai Központ Évkönyve 2017 - Acta Ethnologica Danubiana 18-19. (Dunaszerdahely-Komárno, 2017)
Tanulmányok, közlemények - Voigt Vilmos: Magyar néprajz - magyar nemzetrajz? A kezdetektől az első világháborúig
Acta Ethnologica Danubiana 18-19 (2017), Komárom-Komárno Das Gespräch in Handlungsrahmen Verebélyi, Kincső Eine der Grundformen für die Existenz der Folklore und Traditionsüberlieferung ist die Mündlichkeit. Die Forschung verfügt bei der Bestimmung der Eigenheiten und Gesetzmäßigkeiten im Zusammenhang mit den mündlichen Gattungen der Folklore über lange Erfahrung. Auf große Traditionen reicht auch der Brauch zurück, dass Reiseberichterstatter, Schriftsteller und Forscher, die sich für das Volksleben interessieren, Anlässe sowie die Art und Weise des Vortragens dieser mündlichen Gattungen beobachteten. Besondere Aufmerksamkeit galt immer dem Erzählen und Vortragen von Märchen, den Anlässen zum Vortragen von Fleldensagen, der Klagelieder oder auch den Begrüßungen und Ansprachen der Brautführer bei Hochzeiten. Man könnte noch weitere Gattungen oder Textgruppen anführen, denn von der Begrüßung bis zum Fluchen, vom Gebet bis zur Anekdote können sehr viele der Form nach bestimmbare Textarten unterschieden werden, die in den verschiedensten Situationen, zu den unterschiedlichsten Anlässen vorgetragen werden. Über diese Situationen sind hier und dort Bemerkungen zu lesen, zum Beispiel darüber, wann einzelne Erzähler ihre Märchen zum Besten geben, wann der Beter sein Gebet verrichtet, während der Arbeit oder vor dem Schlafengehen oder bereits im Bett liegend (Bringéus 2000; Lengyel 1994). Interessanterweise haben sich die Brauchforscher - obwohl dies eng mit dem Gegenstand der folkloristischen Forschung im Zusammenhang steht — weitaus weniger mit den Anlässen befasst, in deren Rahmen es notwendigerweise zum Vortragen von der Form nach bestimmbaren Gattungen gekommen ist. Die ungarischen folkloristischen/ethnographischen Forschungen stützten sich sozusagen von Anfang an auf die Sprachwissenschaft, bzw. auf gewisse Methoden und Ergebnisse der sprachwissenschaftlichen Forschungen. Die Etymologie der Wörter und Ausdrücke, die Eigenheiten der Namensgebung, die Bedeutung von Benennungen, zum Beispiel bei geographischen Namen oder bei Stickmotiven, die Kategorisierung der Fachterminologie eines Berufes, für diese und ähnliche Probleme besteht auch heute Interesse. Gleichzeitig aber erweist sich die Folkloristík den Impulsen der moderneren linguistischen Tendenzen gegenüber - abgesehen von einigen Ausnahmen - als gleichgültig. So wurde die Möglichkeit noch nicht wahrgenommen zu untersuchen, welche Stellung das Gespräch im System der dörflichen Festbräuche, bzw. im traditionellen alltäglichen Leben der Dorfgesellschaften einnimmt (Austin 1962; Austin 1990; Szili 2013)1. Obwohl die Studie Die Ethnographie des Sprechens von Dell H. Hymes bereits 1975 auch ungarisch herausgegeben wurde, ist der ungarischen Folkloristík auf unerklärliche Weise die Aufmerksamkeit hinsichtlich dieser Problemstellung entgangen (Hymes 1974; Hymes 1975). Auch die Autorin der vor nicht langer Zeit über den Klatsch erschienenen Arbeit, die ein großer Erfolg war, konnte sich nicht auf folkloristische Vorarbeiten stützen (Szvetelszky 2002). 1 1 Eine Ausnahme ist zu erwähnen, zumindest ein Ethnograph hat die mündliche Kommunikation in einem Dorf untersucht (Hoppál 1970). 29