Judit Tamás: Verwandte typen im schweizerischen und Ungarischen kachelfundmaterial in der zweiten hälfte des 15. jahrhunderts (Művészettörténet - műemlékvédelem 8. Országos Műemlékvédelmi Hivatal,1995)

Auswertung

Bei den Medaillonkachel haben wir versucht, nachzuweisen, daß das Kombi­nieren unterschiedlicher Modellelemente, diese von der Fachliteratur erst in der Renaissance für typisch gehaltene Herstellungstechnologie 424 , bereits in der zweiten Hälfte des 15. Jahrhunderts existiert hat. Das gleiche bezieht sich auf den Model (l)handel 425 , denn diese bedingen einander. Dafür spricht übrigens auch eine praktische Erwägung, nämlich daß Modelle immer leichter transpor­tiert werden konnten als die Kacheln selbst. 426 — Partieller Austausch des Motivschatzes unter den Werkstätten: Er kann eigentlich als eine Form des Model(l)handels interpretiert werden. Hervorgehoben haben wir ihn nur, weil sich die Wädenswiler Kacheln als ein hervorragendes Beispiel dafür anbieten. Ihr Meister hat z.T. eigene, z.T. aber von seinen zürcherischen Kollegen verschaffte Model(le) verwendet. Ahnlich verhält es sich mit dem aus schachteiförmigen Kacheln bestehenden Ofen von Nagy­vázsony, dessen zwei oben beschriebene Typen (Rosette A oder B, baumbewa­chender Löwe A) Leitmotive der Werkstatt des Ofens mit Rittergestalten waren, während der Rest einer anderen Werkstatt beigemessen werden muß. 427 2. Indirekte Verbindungen: — Musterbücher: Es gilt als sicher, daß die Reliefverzierungen der Kacheln keine eigenen Erfin­dungen der Hafner waren, sondern der Formenwelt der Baukunst und der ange­wandten Künste entnommen wurden. So scheint uns die Annahme 428 begrün­det, daß die Ofenhafner bzw. Formschneider - den Steinmetzen ähnlich - Skiz­zenbücher benutzt haben, obwohl es erst vom Ende des 16. Jahrhunderts 429 einen Beweis dafür gibt. Ihre Verwendung wäre am ehesten bei auch in der Bau­plastik üblichen Motiven (Rosette, „schlaffer" Löwe) denkbar. — Graphische Vorlagen: Im Laufe des 15. Jahrhunderts ging die Aufgabe der Musterbücher, künstleri­sche Formen zu bewahren und weiterzugeben, auf die Graphik über - nicht zuletzt, weil ihr Vervielfältigungsverfahren mit dem der Kacheln identisch war. 430 Dementsprechend werden Holzschnitte und vor allem Kupferstiche im allgemei­nen als vorrangige Vermittler modischer Darstellungen zum Hafnerhandwerk be­trachtet; ihre Rolle bei der Verbreitung bestimmter Motive wird in unserem Ma­terial vor allem im Zusammenhang mit den Medaillonkacheln und dem Meister E.S. betont. 431 Diesem nur seinem Monogramm (?) nach bekannten, etwa zwi­schen 1450-1467 irgendwo am Oberrhein tätigen Kupferstecher 432 - oder viel­mehr seiner Werkstatt 433 - pflegt die Forschung einen entscheidenden Einfluß auf die Kachelkunst zeitgenössischer wie auch nachfolgender Generationen bei­zumessen, wobei man weiß, daß auch sein künstlerisches Werk von Vertretern anderer Kunstarten (Kaspar Isenmann, Konrad Witz, Nicolaus Gerhaert van Leydcn) 434 weitgehend geprägt war. Ungeachtet seines außergewöhnlich um­fangreichen Oeuvres ließen sich unter den von uns in die Untersuchungen ein­bezogenen Kacheltypen mit einiger Sicherheit nur fünf (Jungfrau mit Einhorn C, Hieronymus, Papst Gregor, ferner eventuell Verkündigungsengel D und Christi Geburt) finden, deren Meister seine Stiche als Ausgangspunkt für ihre Kompositionen genommen hatten; ein weiterer (Maria D) wurde unter Zuhilfe­nahme eines Stiches seines neuesten Kopisten, Israhel von Meckenem, model­liert. 435 Diese Tatsache sollte uns davor warnen, gesuchte Parallelen aufzuzeigen, die man übrigens ab und zu antrifft 436 , ganz zu schweigen von gewissen chrono­logischen Aspekten, die gleichfalls nicht übersehen werden dürften. Kann bei­spielsweise ein 1466 gestochenes Werk des Meisters E.S. (Abb. 113) 437 als graphi­sche Vorlage einer in die Jahre 1458-1460 datierten Hieronymuskachel interpre-

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