Judit Tamás: Verwandte typen im schweizerischen und Ungarischen kachelfundmaterial in der zweiten hälfte des 15. jahrhunderts (Művészettörténet - műemlékvédelem 8. Országos Műemlékvédelmi Hivatal,1995)

Übersicht - I. Produkte der Werkstatt des Ofens mit Rittergestalten und verwandte Kacheltypen - e. Friedrichskacheln

e. Friedrichskacheln In der Gruppe der dem Ofen mit Rittergestalten verwandten Kacheln gibt es noch einen Typ zu beschreiben, der zwar im Musterschatz der Werkstatt dieses Ofens fehlt, aber in der süddeutschen Reg ion (Karte 4) — ganz genau; am Ra­vensburger Ofen - zusammen mit den erstgenannten vorkommt: er stellt Kaiser Friedrich III. dar. Rein räumlich gesehen erfreut sich auch diese Herrscherdarstellung einer au­ßerordentlich weiten Verbreitung, wobei die Anzahl der dem Typ zugeschriebe­nen Kacheln recht gering ist. Das schönste Beispiel mit feinster Modellierung ­in Form von Blattkacheln, deren Vorderblatt leicht gebogen ist und somit an die Nischenkacheln erinnert - bildet eine Kachelreihe am Oberkörper des einst in Stuttgart aufbewahrten Ravensburger Ofens. 175 (In Anlehnung an diesen Ofen nehmen wir auch bei den Kacheln aus Untervaz eine ähnliche Anordnung an.) Höchstwahrscheinlich entstammen die Untervazer Friedrichskacheln (Variante A; Abb. 86) denselben Modeln wie die Ravensburger, wurden aber etwas später als diese gemodelt, als die Preßform bereits abgenutzt oder verschmutzt war ­deshalb sind die Konturen ihres Reliefs wesentlich verschwommener. Demgegen­über müssen im Falle der Schaffhausener Kachel (Variante B; Abb. 87) sowohl das gleiche Negativ, als auch das unmittelbare Kopieren ausgeschlossen werden, eine Verbindung dürfte nur indirekt bestanden haben. Noch ferner steht den wohl als Vorbild dienenden Ravensburger Exemplaren eine aus Jauring bei Aflenz (Osterreich) stammende Kachel des Landesmuseums zu Graz. 176 Sie ist unglasiert und verrät im großen und ganzen ein niedriges künstlerisches Niveau. Auf ihrem quadratischen, geraden Vorderblatt ist die Kai­serfigur mit den drei Wappen und dem Spruchband in einem Schild unterge­bracht, der Kielbogen mit den Krabben und die Affchen sind nicht mehr vorhan­den. Das Motiv gelangte dann in dieser verstümmelten Form weiter nach Osten und erschien in Ungarn (Karte 8) auf einer unglasierten Blattkachel von Kapos­szentjakab (Abb. 88-89). Wie von Imre Holl bereits festgestellt, konnte diese Kachel keinesfalls der unmittelbare Abdruck einer der erwähnten ausländischen Parallelen oder gar von der Grazer Kachel kopiert worden sein, obwohl sie un­zweifelhaft am ehesten mit dieser verwandt ist. Imre Holl hält sie für das Produkt eines ungarischen ländlichen - sog. volkstümlichen - Meisters und nimmt an, daß dieser Meister einen anderen, uns nicht bekannten Vorgänger kopierte, der in einem Ofen einer der westtransdanubischen oder benachbarten österreichi­schen Burgen eingebaut gewesen sein dürfte. 177 Wir müssen uns damit abfin­den, daß wir wohl nie werden ermitteln können, ob er wirklich eine Kachel oder eine andere (graphische?) Darstellung des Kaisers als Vorlage verwendet hat. Im Falle der Friedrichskacheln geht es also gleichfalls um einen weitverzweig­ten „typologischen Stammbaum", dessen Sprosse noch kaum entdeckt sind und dessen zur Zeit bekannte Zweige miteinander lediglich in indirektem Zusam­menhang gestanden haben. Aufgrund der spärlichen einschlägigen Funde er­scheint es uns vorerst so, daß sich diese „Kachelfamilie" aus der Schweiz via Osterreich nach Ungarn ausgebreitet hat und daß wir sowohl den Ausgangs­punkt (Bodenseeraum) als auch den Endpunkt (Transdanubien) der Verbrei­tung des Motivs kennen. Die Auswirkungen der Werkstatt/Werkstätten am Bo­densee erreichten auch das Bündnerland, die übrigen Teile der Schweiz aber sind davon interessanterweise unberührt geblieben. Im Absatzgebiet der Werk­statt des Ofens mit Rittergestalten hat das Kaiserporträt wiederum keinen Wider-

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